Der Tiefpunkt einer negativen Entwicklung

Leverkusens Trainer Schmidt und Sportdirektor Völler drohen nach Eklat Strafen durch den DFB

  • Heinz Büse und Andreas Schirmer, Leverkusen
  • Lesedauer: 3 Min.
Das bizarre Kräftemessen zwischen Referee Zwayer und Bayer-Trainer Schmidt beim Bundesliga-Spitzenspiel Leverkusen-BVB sorgt für lebhafte Diskussionen. Dem Fußball-lehrer droht eine Sperre.

Roger Schmidt und Rudi Völler sind zu Fällen für die DFB-Justiz geworden. Nach der in der Bundesligahistorie einzigartigen Spielunterbrechung beim 0:1 gegen Dortmund wird ein schnelles Urteil des Kontrollausschusses noch diese Woche erwartet. Vor allem die Weigerung des Fußballlehrers Schmidt, den Anweisungen des Schiedsrichters Folge zu leisten und den Innenraum zu verlassen, sorgte für Empörung. »Es wird sicher eine Sanktion geben. Aber welche, das kann ich noch nicht sagen«, sagte Anton Nachreiner, Vorsitzender des DFB-Kontrollausschusses, am Montag.

Nach Sichtung des Sonderberichtes von Schiedsrichter Felix Zwayer leitete der Deutsche Fußball-Bund am Montag Ermittlungen ein und bat Schmidt um eine Stellungnahme. Eine Anklage vor dem DFB-Sportgericht gilt als wahrscheinlich. Herbert Fandel, Vorsitzender des DFB-Schiedsrichterausschusses, betonte: »Ich bin nach wie vor sprachlos. Wir haben gestern den Tiefpunkt einer leider erheblich negativen Entwicklung erlebt, die mich sehr nachdenklich stimmt.« Mit deutlichen Worten forderte er Trainer und Spieler zum Umdenken auf. »Es ist respektloser geworden, in einer Art und Weise, die nicht länger akzeptabel ist.« Prognosen über ein mögliches Strafmaß sind mangels Präzedenzfall spekulativ. Für Nichtbefolgung der Anordnungen des Schiedsrichters sieht die Rechts- und Verfahrensordnung Sperren von einer Woche bis zu drei Monaten vor. Allerdings gilt dieser Paragraf nur für »Strafen gegen Spieler«.

Erst am Tag nach dem Eklat waren die Leverkusener bemüht, die Wogen zu glätten. »Ich werde mich zu diesem Thema nicht äußern. Es ist dazu viel gesagt - Qualifiziertes und Unqualifiziertes«, erklärte Bayer-Geschäftsführer Michael Schade. »Warten wir ab, was passiert. Es nützt doch nichts, Öl ins Feuer zu gießen.«

Am Abend zuvor ging es weniger diplomatisch zu. So dürfte der nur bedingt reumütige Auftritt von Schmidt rund eine Stunde nach dem Spiel kaum dazu beigetragen haben, die DFB-Juristen zu besänftigen. Zwar räumte er ein, seiner »Vorbildfunktion als Trainer nicht gerecht geworden« zu sein und sich »zu stur« verhalten zu haben, erneuerte aber seine Kritik an Schiedsrichter Zwayer.

Der Coach stellte indirekt einen Zusammenhang her zwischen der fast zehnminütigen Spielunterbrechung und einer Fehlentscheidung von Zwayer wenige Minuten nach Wiederanpfiff der Partie bei einem Handspiel des Dortmunder Sokratis im Strafraum. »Dass der Schiedsrichter bei freier Sicht diesen Elfmeter nicht pfeift, vielleicht auch, weil ich vorher zu emotional war. Ich hoffe nicht, dass es so war, aber mir fällt keine andere Erklärung dazu ein.« Zwayer gab nach Spielende zu, in diesem Fall falschgelegen zu haben.

Auch der Wutausbruch von Völler beim TV-Sender Sky verbesserte Leverkusens Verhandlungsposition eher nicht. »Dass war ein tausendprozentiger Strafstoß«, klagte der Sportdirektor. Das Fehlverhalten von Schmidt wertete er weniger kritisch: »Warum muss sich der Schiri so aufpumpen. So eine Nummer daraus zu machen, die Spieler müssen reingehen, als wäre hier was Furchtbares passiert - das ist übertrieben.«

Als Konsequenz aus den Vorfällen appellierte Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge erneut an die Verbände, den Videobeweis einzuführen. »Mit dem hätte es gestern in Leverkusen keine größere Aufregung gegeben«, sagte der Bayern-Vorstandsvorsitzende. Darüber hinaus ist der Referee nicht verpflichtet, dem Trainer die Gründe für den Tribünenverweis persönlich zu erläutern. Fandel stärkte Zwayer demonstrativ den Rücken: »Es kann nicht sein, dass der Trainer eine Entscheidung ignoriert und eine persönliche Erklärung des Unparteiischen durch sein Verhalten erzwingen will.« dpa/nd

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