Einige heirateten aus Verzweiflung

UNHCR: Frauen brauchen koordinierten Schutz

  • Lesedauer: 2 Min.

Trotz des Winters erreichen noch immer um die 2000 Menschen täglich die Küsten Europas. 55 Prozent der Neuankömmlinge in Europa sind Frauen und Kinder. Frauen riskieren besonders viel auf dieser Flucht. Mehr als Männer. Dies macht ein jüngst veröffentlichter Bericht des UNO-Flüchtlingshilfswerkes UNHCR deutlich. »Alleinreisende Frauen mit oder ohne Kindern, schwangere oder stillende Frauen, junge Mädchen und unbegleitete Kinder, früh verheiratete Kinder - manche mit Neugeborenen - , behinderte und ältere Menschen sind einem besonderen Risiko ausgesetzt und benötigen einen koordinierten und effektiven Schutz«, fasst der Bericht zusammen.

Die meisten Flüchtlinge im Jahr 2015, die über Griechenland versuchten zentraleuropäische Länder zu erreichen, kamen aus Syrien - 63 Prozent. Wie eine Befragung des UNHCR vor Ort ergab, waren etwa sechs Prozent unbegleitete Minderjährige, fünf Prozent sagten, sie seien misshandelt worden, drei Prozent waren alleinerziehend. UNHCR hält möglichst genaue Informationen über die Zusammensetzung und Herkunft der Menschen für unabdingbar, damit in den Fluchtländern angemessen auf ihre Situation reagiert werden kann, die Risiken von Konflikten niedrig gehalten werden können.

»Viele Frauen und Mädchen reisen allein und sind ohne den Schutz ihrer Familien oder der Gemeinde völlig ausgeliefert«, erklärt der Leiter des UNHCR-Europa-Büros, Vincent Cochetel. »Und selbst die, die mit ihren Familien zusammen sind, werden missbraucht. Oft erzählen sie nicht von den Verbrechen und bekommen darum nicht die Hilfe, die sie bräuchten. Manche Frauen haben uns sogar erzählt, dass sie aus Verzweiflung geheiratet hätten.«

Auch die derzeitigen Maßnahmen der Länder zur Grenzsicherung auf der Balkanroute haben für Frauen und Kinder besonders schwere Folgen. Der UNHCR-Bericht hierzu: »Durch restriktivere Grenzkontrollen werden die Transiteinrichtungen immer voller und die Situation dort angespannt, so dass das Risiko für Frauen und Mädchen steigt. Aus Verzweiflung riskieren die Flüchtlinge mehr und wagen sich auf gefährliche Routen in den Händen von Menschenschmugglern.« nd

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