Fehlbesetzung

PERSONALIE

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 2 Min.

Was wäre die Bundespolitik ohne Erika Steinbach? Allmählich muss man sich mit dieser Frage befassen. Denn über den Kurzmitteilungsdienst Twitter hat die frühere Chefin des Bundes der Vertriebenen (BdV) in den vergangenen Wochen dermaßen viel Polemik gegen ihre Partei und deren Regierungspolitik verbreitet, dass nun auch in der Unionsfraktion die Forderung lauter wird, die erzkonservative Politikerin zumindest von ihrer Funktion als Fraktionssprecherin für Menschenrechte zu entbinden.

Wie krass diese Position mit ihr fehlbesetzt ist, zeigen Steinbachs jüngste Meldungen: jenes an Überfremdungsängste appellierende Foto, auf dem im Deutschland des Jahres 2030 ein blondes Kind als Exot bestaunt wird - und nun ein Kommentar zur Flüchtlingspolitik: »Seit September alles ohne Einverständnis des Bundestages. Wie in einer Diktatur.«

Dass die Ex-Chefin eines Verbandes von Flucht und Vertreibung Betroffener sich so zynisch über heutige Flüchtende auslässt, spricht Bände über die 1943 als Tochter eines Besatzungssoldaten in Polen geborene Politikerin: Nie hat sie den BdV als jene allgemeine Lobby für Kriegs- und Gewaltflüchtlinge geführt, als die sie ihn zuweilen ausgab - sondern stets als deutschen Revisionistenklub. Der BdV täte gut daran, sich endlich von ihr abzusetzen.

Dass Steinbach Merkels Flüchtlingspolitik nicht gefällt, ist das eine - dieser Meinung sind viele in der Union und außerhalb. Etwas anderes ist es, diese Politik als »diktatorisch« und illegal hinzustellen, denn das ist sie eindeutig nicht. Offen nimmt Steinbach Positionen ein, die inzwischen in der AfD Partei geworden sind.

Fast hat man den Eindruck, die Verwaltungswirtin, die seit 1990 im Bundestag sitzt, wolle sich rauswerfen lassen, um am rechten Rand eine zweite Karriere zu starten: Präsidentschaftskandidatin? Aushängeschild der AfD im Bundestag? Zumindest könnte die Frau, die seit 2000 auf dem CDU-Ticket im Fernsehrat des ZDF sitzt, dort auch die AfD vertreten, sobald man dieser das zugesteht. In gewisser Weise füllt Steinbach diese Funktion schon heute aus.

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