AfD gewinnt bei Armen und Arbeitslosen dazu

Wahlforscher sieht »zunehmende Mobilisierung sozial prekärer Gruppen« / »Neoliberalen Elemente« im Programm nicht mehr so stark

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Die Rechtsaußen-Partei AfD hat seit der Abspaltung des neoliberal-konservativen Flügels um Gründungsmitglied Bernd Lucke offenbar mehr arme und ökonomisch ausgegrenzte Anhänger gewonnen. »Wir beobachten eine zunehmende Mobilisierung sozial prekärer Gruppen«, sagte der Wahlforscher Roberto Heinrich von Infratest Dimap der Deutschen Presse-Agentur. Ein Grund dafür könne sein, dass sich die 2013 gegründete Partei heute stärker sozialen Themen widme als in ihrer Anfangsphase. Auch stünden die früher dominierenden »neoliberalen Elemente« in der Programmatik der Partei jetzt nicht mehr so stark im Vordergrund. Die AfD sei heute nicht mehr die »Partei der Professoren«, als die sie zu Beginn von vielen Wählern wahrgenommen worden sei.

Es gibt über den Entwurf für das kommende Programm der AfD allerdings auch andere Meinungen. Durch das ganze Papier zieht sich eine um die Begriffe »souveräner Nationalstaat« und »Volk« gestrickte Grundhaltung, die den Markt feiert, solange er den Deutschen zugute kommt, die den Staat als Akteur aus der Ökonomie so weit es geht fernhalten will und die von Klasseninteressen nichts wissen will, dafür aber das Privateigentum vor Eingriffen schützen will.

Auch Michael Schlecht, wirtschaftspolitischer Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, sieht in den programmatischen Forderungen der AfD alles andere als einen Katalog der Interessen der »kleinen Leute«: Mit ihren Warnungen vor Zuwanderung verschleiere die Partei ihre eigentlichen Vorhaben. »Ihre Vorschläge helfen mitnichten den ›kleinen Leuten‹, sondern nur den Reichen und Unternehmern.« Auch den Schutz der Beschäftigten vor Leiharbeit und Werkverträgen finde die AfD unnütz. Steuerpolitisch orientiere sich die AfD am Konzept von Paul Kirchhoff.

Die Alternative für Deutschland hatte bei den Landtagswahlen am 13. März in Baden-Württemberg unter den Arbeitslosen von allen Parteien den größten Stimmenanteil erreicht (32 Prozent). Für CDU und Grüne votierten jeweils 20 Prozent der arbeitslosen Wähler. In Sachsen-Anhalt, wo der Anteil der Erwerbslosen höher ist als im Südwesten, erhielt die AfD 38 Prozent der Stimmen der Arbeitslosen. Etwas anders sah es nur in Rheinland-Pfalz aus. Hier wählten laut Infratest Dimap 28,5 Prozent der Arbeitslosen die SPD. 27 Prozent von ihnen gaben ihre Stimme der AfD.

Bei den Landtagswahlen 2014 waren unter den Wählern der AfD noch alle Berufsgruppen etwa gleich stark vertreten gewesen. Damals hatte die AfD in Brandenburg 14 Prozent der Stimmen der Arbeitslosen und 19 Prozent der Arbeiterstimmen erhalten. Auch 17 Prozent der Selbstständigen und 13 Prozent der Beamten hatten in Brandenburg die AfD gewählt.

Die AfD hatte in ihren letzten Wahlkämpfen vor allem gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung gewettert. Die rechte Partei wird eher von Männern als von Frauen gewählt. Und obwohl sie viele ältere Männer in Führungspositionen hat, sind die Wähler der AfD im Schnitt jung. Bei allen Landtagswahlen, an denen sie teilnahm, erzielte die AfD unter den Rentnern deutlich schlechtere Ergebnisse als in der Gesamtbevölkerung. Bei den Älteren sei die Parteibindung generell stärker, weshalb es neue Parteien in dieser Wählergruppe schwer hätten, sagte Heinrich. Agenturen/nd

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