Der Mann mit dem Pappschild

Hussam Jackl demonstriert täglich in Idomeni für die Öffnung der Grenzen

  • Fabian Köhler
  • Lesedauer: ca. 4.0 Min.

Vor fünf Jahren endete sein altes Leben in Syrien. Was seither passierte, erzählt er so routiniert, dass sich erahnen lässt, wie oft er es schon getan hat: abgebrochenes Jura- Studium in Damaskus, Proteste, Folter, Belagerung, Bomben. Freunde starben, Islamisten kamen. Lager in Beirut, Lager bei Gaziantep, Lager in Europa.

Den ganzen Tag über blickt Hussam auf die behelmten Polizisten, die Wasserwerfer, auf den Zaun, der die Freiheit für ihn und die vielen anderen Flüchtlinge unerreichbar macht. Hinter ihnen leuchtet weiß der Schnee von den Gipfeln des Belasiza-Gebirges. Von dort, wo schon Mazedonien ist, wo Hussam nie ankommen wird.

So könnte ein symbolisch aufgeladener Text über den 24-jährigen Flüchtling Hussam beginnen. Doch in Wahrheit starrt Hussam weder auf Zäune noch auf Berge, sondern auf eine Mauer aus Pressefotografen, Fernsehkameras und Puschelmikrofonen. In die Gesichter von Reportern, die zum hundertsten Mal wissen wollen, was es mit der der Botschaft auf seinem Pappschild auf sich hat.

Hussam Jackl aus Damaskus ist so etwas wie das Gesicht von Idomeni, auf jeden Fall ist seines das meistfotografierte. Wenn Idomeni das Symbol des europäisches Versagens in der Flüchtlingskrise ist, dann ist Hussam das Symbol des Symbols. Wenn er je...


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