Schwieriger Start

Personalie: Henriette Reker ist Kölner Oberbürgermeisterin. Ihr Attentäter steht nun vor Gericht.

  • Marcus Meier
  • Lesedauer: 2 Min.

Zur Kölner Oberbürgermeisterin gewählt wurde sie, während sie im künstlichen Koma lag, weltweit bekannt machte sie eine umstrittene Verhaltensregel: Frauen sollten im Karneval nicht zu nahe an fremde Männer treten, riet Henriette Reker eher beiläufig auf einer Pressekonferenz ausgerechnet nach den massenhaften sexistischen Straftaten in der Silvesternacht. »Eine Armlänge Abstand« wurde zum geflügelten Wort. Und es gereichte der Politikerin nicht zum Vorteil: Wollte sie etwa sagen, Frauen seien selbst schuld, wenn sie Opfer sexueller Übergriffe würden - indem sie die Täter dazu ermutigten?

Viel schlimmer hätte der Start ins Amt der obersten Repräsentantin und Verwaltungschefin der viertgrößten, und, so finden zumindest die Kölner, schönsten Stadt Deutschlands kaum ausfallen können. Das Attentat auf die parteilose Kandidatin eines breiten bürgerlichen Bündnisses, die hässlichen Szenen der Nacht auf Neujahr: Die Stadt und ihr Oberhaupt wurden binnen weniger Wochen schwer verwundet.

Am letzten Wahlkampftag war OB-Kandidatin Reker von einem Rassisten mit Vergangenheit in der militanten Neo-Nazi-Szene schwer verletzt worden, der nun, ziemlich exakt ein halbes Jahr nach der brutalen Tat, in Düsseldorf vor Gericht steht. Frank S. gab als Motiv seiner Messerattacke an, er wolle nicht in einer muslimischen Gesellschaft leben. Reker war als Sozial-Dezernentin auch für die Flüchtlingsunterbringung zuständig, engagierte sich gegen Rassismus.

»Köln verkauft sich unter Wert«, so lautete das Wahlkampfmotto Rekers. Ein Euphemismus für jene Anreihung von Katastrophen und Peinlichkeiten, durch die die Domstadt in den vergangenen Jahren immer wieder Spott hervorrief. Köln kann keine U-Bahn und keine Müllverbrennungsanlage bauen, ohne dass dies im Desaster endet. Der kölsche Klüngel, ein Mix aus Korruption und dem, was man neudeutsch Netzwerken nennt, ist sprichwörtlich. Selbst das Feiern will der Metropole nun nicht mehr recht gelingen. Und der frische Wind, den Reker ins Rathaus bringen wollte? Er blieb bisher aus. Doch wer könnte ihr das verübeln?

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