Transatlantischer Marschbefehl

USA wollen Bundeswehr-Kampftruppen permanent an NATO-Ostflanke stationieren

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.
Deutschland wird in die »neue strategische Ära« des US-Militärs eingebunden. Merkel versprach, die Wünsche zu erfüllen.

Syrien, Libyen, Ukraine, Afghanistan, die europäische Flüchtlingskrise - die Liste aktueller Krisenherde und Herausforderungen sei lang, erklärte die Kanzlerin am Sonntag, während sie den US-Präsidenten in Hannover willkommen hieß. Barack Obama nickte, als Angela Merkel behauptete: Die internationale Sicherheit könne »nur durch gemeinsame transatlantische Anstrengungen garantiert werden«. Mit einigem Wohlgefallen hörte der Gast, dass Deutschland in den vergangenen Jahren »in vielen Fragen aktiver geworden« sei. Deutschland wolle noch besser werden. Merkel versicherte, Deutschland kenne »die Ziele, die die NATO uns gibt«.

Und die gibt Washington vor. So drängen die USA, dass sich die Bundeswehr signifikant an der geplanten Stationierung von einander ablösenden NATO-Einheiten an der Ostgrenze der Allianz beteiligt. Wie von Großbritannien erwartet die US-Regierung von Deutschland, dass es Truppen und Kriegsgerät in die baltischen Staaten, nach Polen und Rumänien expediere. Das hat Obama angeblich bereits in seinem Nationalen Sicherheitsrat angekündigt.

»Persistent Presence« (ständige Anwesenheit) nennt sich ein NATO-Programm, an dem Deutschland sich beteiligt. Man entsendet in diesem Jahr nach einem bestimmten Turnus rund 5000 Soldaten an die »Ostfront« und wählte dabei mit Bedacht eine Obergrenze bis hin zur Kompaniestärke. Man will Russland keinen Anlass zu Misstrauen oder zusätzlichen Truppenmassierungen bieten.

Anders die USA. Die verlegen gerade die Technik einer ganzen Panzerbrigade an die östliche NATO-Flanke. Demnächst werden auch die entsprechenden US-Mannschaften permanent nahe der russischen Grenze präsent sein. Die Rede ist von 4000 Mann. Dass man mit dieser »Europäischen Rückversicherungsinitiative« Russland reizt, ist kalkuliert.

Man sollte nicht glauben, dass die US-Regierung nur ein Strohfeuer anzündet. Bei der Begründung des Haushaltsentwurfes 2017 vor dem US-Senat hat Verteidigungsminister Ashton Carter von einer »neuen strategischen Ära« gesprochen. In diesem Haushaltsjahr geben die USA 580 Milliarden Dollar fürs Militär aus. In dem im Herbst beginnenden Haushaltsjahr 2017 werden weitere Milliarden draufgelegt. Wie vor Jahrzehnten will man nicht nur ein Patt zwischen den internationalen Mächten garantieren, man redet von der Möglichkeit zu siegen. Notfalls gegen Russland und China in einem Aufwasch. Dazu trägt auch die Modernisierung der US-Atomwaffen in Europa bei. Die Bomben sollen schneller und präziser einsetzbar sein und auch von Bundeswehr-Piloten ins Ziel getragen werden.

In dieses Spiel mit dem Feuer will man auch deutsche Heeressoldaten stärker einbinden. Die Rede ist von einem kampfstarken Bataillon. Schon hört man aus Estland, dass Deutschland das Kommando über eine in den baltischen Staaten zu stationierende NATO-Brigade übernehmen soll.

Die deutschen Generale werden ihre Verteidigungsministerin daran erinnern, wie schwer es war, vor einem Jahr die von der NATO beschlossene Speerspitze zu schnitzen. Trotz Aufstellung eines neuen Panzerbataillons und zusätzlicher Ausrüstungen bleibt das ein Kraftakt. Doch Ursula von der Leyen (CDU) steht im Wort, das Merkel Obama gab, und im Jahr 2019 soll das deutsche Heer sogar eine komplette Kampfbrigade zur raschen Verfügung stellen. Zudem schafft man gerade Einheiten nach Mali, wie es um Libyen weitergeht, ist ungewiss, Afghanistan ist ein Dauerproblem.

Man erinnert sich, Merkel sprach mit Obama auch über Terrorabwehr an der südlichen Flanke. Seit Wochenbeginn ist es amtlich: Die deutsche Luftwaffe, die derzeit noch in der Aufklärungsrolle und als Luftbetanker über Syrien operiert, richtet sich auf lange Sicht in der Türkei ein. Auf dem Luftwaffenstützpunkt Incirlik sind ein eigener deutscher Flugbereich für zehn Millionen Euro geplant. Dazu entstehen feste Unterkünfte für 15 Millionen Euro, dazu ein Betreuungsgebäude für 4,5 Millionen Euro sowie ein Gefechtsstand für 34 Millionen Euro.

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