Risiko »Investivlohn«

CDU-Parteitag diskutiert Gewinnbeteiligungen

Während der Vorstoß von CDU-Vize Jürgen Rüttgers zur längeren Bezugsdauer von ALG I weiter für Schlagzeilen sorgt, versucht Bundeskanzlerin Angela Merkel mit ihrem Vorschlag zum Investivlohnes im Vorfeld des Parteitages sozialpolitische Deutungshoheit zurückzugewinnen.

Nach Merkels Ankündigung, man wolle am Montag in Dresden einen Vorschlag unterbreiten, »wie wir diesen Investivlohn ausgestalten können und welche Hilfen der Staat dafür gewähren kann«, sprang ihr gestern CSU-Vorsitzender Edmund Stoiber zur Seite: Die Arbeitnehmer an Unternehmensgewinnen zu beteiligen, sei ein »großer und starker Vorschlag der Kanzlerin, den die CSU voll unterstützt«. Das sei der richtige Vorschlag, um den krasser auseinanderfallenden Bezügen von Managern und Arbeitnehmern entgegenzuwirken. Unterstützende Signale kamen auch von SPD-Fraktionschef Peter Struck. Darüber werde in der Sozialdemokratie seit Längerem nachgedacht. »Klar« sei allerdings, so Struck, »Gewinnbeteiligung muss bei Firmenverlusten und Insolvenzen risikofest sein und ist keine Alternative zur Mitbestimmung.« Die Union sieht hier einen Beitrag zur Alterssicherung. Die von Merkel favorisierte Idee ist nicht neu. Vorschläge, Arbeitnehmer über unternehmenserfolgsabhängige Lohnanteile stärker zu motivieren, wurden bereits zu Zeiten des »Wirtschaftswunders« in den 50er und 60er Jahren diskutiert. Als Gehaltsanteil soll der Investivlohn nicht ausgezahlt werden, sondern im Unternehmen verbleiben und eine rentierliche Mitarbeiterbeteiligung entstehen. Die Verfechter wollen für eine Stärkung des Wirtschaftsstandortes die Identifikationen und das »Kostenbewusstsein« der Belegschaft erhöhen. Kritiker halten den Begriff »Gewinnbeteiligung« für irreführend, da es sich um keine Umverteilung von Gewinnen handele. Vielmehr würden Lohnteile zur Stärkung der Liquidität im Betrieb belassen und dem Konsum entzogen. Wie Arbeitnehmer vor Risiken geschützt werden können, das ist für DGB-Vorstandsmitglied Dietmar Hexel ein entscheidendes Problem, bei dem auch Merkel bislang »bemerkenswert unkonkret geblieben« sei. »Soll außer dem Risiko des Arbeitsplatzverlustes auch noch das unternehmerische Risiko von Arbeitnehmern getragen werden?«, fragt Hexel. Zur Minimierung des Risikos verweisen Befürworter auf Fondsmodelle, mit denen Arbeitnehmer ihre Beteiligungen über das eigene Unternehmen hinaus streuen könnten. Die Arbeitgeber lehnen derartige Lösungen kompromisslos ab. Solche »Tariffonds« würden langfristig zu gewerkschaftlich kontrollierten Beteiligungen führen, mit denen Gestaltungsmacht über Unternehmen ausgeübt werden könne. Ungeklärt ist, wie ein staatlich geförderter Investivlohn ausgestaltet werden soll, der nicht nur auf die Belegschaften in industriellen Großunternehmen sowie in der Finanzbranche, sondern gleichfalls für die Arbeitnehmer im öffentlichen Diens...

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