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Netzwoche

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.
Elsässers Fans müssen nun stark bleiben: »Lässt man die heiße Luft raus und streicht das fremdenfeindliche Vokabular, bleibt bloß: eine sehr selektive Zusammenfassung der ›Lügenpresse‹«, so das Fazit von bildblog.

Wenn es um Selbstinszenierung geht, dann gehört Rechtsaußen-Autor Jürgen Elsässer mit seinem Compact-Magazin zu den ganz Großen: »Mut zur Wahrheit« wirbt das »Magazin für Souveränität« im Gleichklang mit einer bekannten AfD-Parole. Ein beliebtes Thema für Elsässer sind dabei die »Medienlügen« der »Monopolmedien«. Es geht aber vorrangig nicht darum, journalistische Handwerksfehler aufzudecken, was in der Tat einen Mehrwert schaffen könnte: »Compact« und dem Magazin geistig verwandte Publikationen wie Politically Incorrect oder Kopp Online nehmen für sich in Anspruch, jene Wahrheiten zu kennen, die in den »Lügenmedien« angeblich keinen Platz finden.

Dabei leben die rechten Medienmacher zur »Pinnocchiopresse« (AfD-Chefin Frauke Petry) in einem genauso ambivalenten Verhältnis wie der Hochschulprofessor, der öffentlich niemals zugegeben würde, auch in der »Bild« zu blättern. Lesen und deren Inhalte auch noch zu glauben, gehört sich offiziell nicht, aber wenn eine Geschichte dann doch in die eigene politische Agenda passt, wird es mit einem Mal opportun, auf die Inhalte der sonst gescholtenen Publikationen zurückzugreifen. bildblog.de hat in diesem Zusammenhang in dieser Woche nicht nur herausgefunden, was Elsässer jenseits rechter Verschwörungsmedien wahrscheinlich liest, sondern woher die angeblich aufgedeckten und verschwiegenen Wahrheiten stammen dürften. Immerhin wirbt »Compact« mit der Behauptung: »Lesen, was andere nicht schreiben dürfen.«

Elsässers Fans müssen nun stark bleiben: »Lässt man die heiße Luft raus und streicht das fremdenfeindliche Vokabular, bleibt bloß: eine sehr selektive Zusammenfassung der ›Lügenpresse‹«, so jedenfalls das Fazit von bildblog in einer Analyse des Leitartikels aus der aktuellen »Compact«-Ausgabe. Inhaltlich geht es um die Verhandlungen zum umstrittenen Flüchtlingsdeal zwischen der EU und der Türkei. bildblog-Autor Benedikt Frank hat sich die Mühe gemacht, die Quellen von Elsässers Text zu recherchieren.

Herausgekommen ist ein buntes Potpourri jener Medien, die doch angeblich nichts weiter können, als die Öffentlichkeit permanent zu belügen: »Frankfurter Allgemeine«, »Deutsche Presseagentur«, »Passauer Neue Presse«, »Reuters« und sogar »Bild«. Dieser klare Widerspruch zur eigenen Selbstdarstellung ist nicht nur ein Etikettenschwindel, sondern zusätzlich auch noch äußerst dreist: Die verwendeten O-Töne und sonstigen Zitate sind als solche von Elsässer nicht einmal gekennzeichnet. Journalistisch verstößt das gegen jede handwerkliche Grundregel.

Andererseits scheint es aus der Perspektive des Verfassers nachvollziehbar: Was würde seine Leserschaft nur tun, käme heraus, dass ausgerechnet der Leitartikel in wesentlichen Passagen aus zusammengebastelten Versatzstücken jener Medien besteht, auf die das »Magazin sonst nur verächtlich herabblickt«? Seine Fans würden diese Tatsache aber sicher auch nur als Lüge abtun.

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