Kinder ohne gesondertes Recht auf Klärung ihrer Abstammung

DNA-Vaterschaftstest

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Kinder können Männer, die sie für ihren leiblichen Vater halten, nicht zu einem Gentest zwingen. Die Klärung der Abstammung ist weiterhin nur innerhalb einer Familie gegenüber dem sogenannten rechtlichen Vater möglich.

Das geht aus einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 19. April 2016 (Az. 1 BvR 3309/13) hervor (nd berichtete). Damit scheiterte eine 65-jährige Frau, die ihren mutmaßlichen, mittlerweile 88 Jahre alten Vater zu einem DNA-Test zwingen wollte.

Das Recht auf Kenntnis der Abstammung ist zwar vom Grundgesetz verbürgt. Die Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch von 2008 sieht dies jedoch nur zwischen Kindern und deren rechtlichen Vätern vor, also innerhalb von Familien und bei Männern, die die Vaterschaft für ein Kind anerkannt haben. Biologische Erzeuger außerhalb einer Familie werden im Gesetz nicht genannt und können deshalb auch nicht zu einem DNA-Test gezwungen werden. Diese Gesetzeslücke wollte die Klägerin in Karlsruhe schließen lassen und scheiterte damit nun.

Die Frau geht davon aus, dass ein in Nordrhein-Westfalen regional bekannter Maler ihr Erzeuger ist. Ihn hatte ihre Mutter immer als den leiblichen Vater benannt. Der Mann hatte zudem die Hausgeburt des Mädchens 1950 beim Standesamt gemeldet und ihm Jahre später bei einem Zusammentreffen auch einige Zeilen in dessen Poesiealbum geschrieben. Die Vaterschaft erkannte er aber nie an.

Die alleinerziehende Mutter hatte dann einen ehemaligen Straftäter geheiratet, der einem Bericht der »Süddeutschen Zeitung« zufolge zum Haustyrannen wurde. Er missbrauchte demnach das Mädchen und prügelte und würgte die Mutter - bis der Gewalttäter in einem Akt der Nothilfe von ihrem Sohn erstochen wurde.

Für dieses schwere Schicksal macht die Klägerin den mutmaßlichen leiblichen Vater moralisch mitverantwortlich und wollte nun geklärt wissen, dass er ihr leiblicher Vater ist. Ihre Mutter hatte das schon 1954 in einem Verfahren auf »Feststellung der blutsmäßigen Abstammung« versucht und war nach Einholung eines Blutgruppengutachtens vor Gericht gescheitert.

2009 lehnte dann ein Amtsgericht den Antrag der Tochter ab, den mutmaßlichen Vater zur Abgabe einer DNA-Probe zu zwingen. Karlsruhe bestätigte nun diese Entscheidung im Ergebnis.

Eine winzige Hoffnung bleibt der Klägerin. Die Verfassungsrichter sagen, dass der Gesetzgeber trotzdem die Freiheit hat, den Paragrafen zur Abstammungsklärung weiter zu fassen. Bis Mitte 2017 beraten Experten im Bundesjustizministerium, ob eine solche Reform sinnvoll wäre.

Aber der 65-jährigen Frau läuft die Zeit davon, und am Ende könnte ihr »Vater« siegen, indem er die Wahrheit mit ins Grab nimmt. AFP/nd

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