Geschüttelt, nicht gerührt

Die TV-Serie »The Night Manager« nach John le Carré

  • Tobias Riegel
  • Lesedauer: 3 Min.
Die TV-Mini-Serie »The Night Manager« nach John le Carré verströmt eher den exklusiven Martini-Charme von Ian Fleming als den realistischen Behörden-Muff, den man bei le Carré so zu lieben gelernt hat.

Die Initiative Waffenexporte.org ordnet den Rüstungsexportbericht der Bundesregierung für das Jahr 2014 folgendermaßen ein: »Der Genehmigungswert zur Ausfuhr von Kriegswaffen hat sich im Jahr 2014 verdoppelt, auf jetzt 1,486 Milliarden Euro (2013: 757 Mio.). (...) Überraschend hoch sind die Exportgenehmigungen für Ägypten mit 23 Millionen Euro.«

In der TV-Mini-Serie »The Night Manager« nach John le Carré wird also etwas als aufgedecktes Geheimnis skandalisiert, das von der deutschen Regierung ganz offen betrieben wird: Waffenlieferungen an Ägypten. Charaktere wie der fiese Waffenschieber Richard Onslow Roper (Hugh Laurie), der in der Serie reihenweise »Zeugen« für seine (angeblich geheimen) Geschäfte »mit Kairo« aus dem Weg räumt, befinden sich in der Realität ganz offiziell im Tross von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) - obwohl der Putschgeneral Abdelfattah al-Sisi den gewählten Präsidenten Mohammed Mursi gefangen hält und mit dem Tode bedroht.

Die bei Amazon verfügbare Serie stellt also offizielles westliches Regierungshandeln (Waffenlieferungen) als angeblich vom Westen geächtete Praxis dar. Darum können die sechs 60-Minuten-Episoden in der konventionellen, aber straffen Regie von Susanne Bier zwar als hochglanzpolierter Spionagethriller richtig gut unterhalten. Aber die Grundaussage ist einfach nicht nachzuvollziehen: Der Westen (in diesem Falle Großbritannien) wirkt nach dem Tenor der Serie in arabischen Ländern »prinzipiell gut«. Dieses systematische Streben nach Freiheit und Menschenrechten wird demnach nur von intriganten Einzelpersonen aus den eigenen Reihen hintertrieben - und von unbelehrbaren Arabern. Die in der Realität ganz offiziellen Waffenlieferungen an Putschisten werden hier einfach irgendwelchen Gangstern untergeschoben.

Der undurchsichtige Brite Jonathan Pine (Tom Hiddleston) ist Nachtmanager eines Kairoer Nobelhotels. Auf dem Höhepunkt des arabischen »Frühlings« werden ihm Dokumente über geheime Waffenlieferungen zugespielt. Pine meldet dies der englischen Botschaft, die jedoch nichts unternimmt, außer den eingangs schon erwähnten Waffenhändler Roper zu warmen. Pines Informantin und Geliebte wird ermordet. Einige Jahre später schiebt Pine die Nachtschicht in einem Schweizer Berghotel, als sich ein exklusiver Gast ankündigt: Richard Onslow Roper. Nun wird Pine als Spitzel angeworben und verliert sich in einem Netz aus Geheimdienstfinten und anderen Intrigen.

Leider verströmt die Serie eher den exklusiven Martini-Charme von Ian Fleming als den realistischen Behörden-Muff von John le Carré. Der Reiz von le Carrés Storys liegt ja eben darin, dass er den Spion in den Kasinos und Luxussuiten abgeholt und wieder in jenen grauen Amtsstuben verortet hat, aus denen er stammt. Durch den Kunstgriff, einen Amateur in die Welt der Schlapphüte zu werfen, gehen viele jener professionellen Einblicke in einen sonst geheimen Apparat verloren. Dadurch dass sich Pine dann auch noch dauernd in internationalen Business-Lounges aufhält, zieht endgültig ein unangemessener James-Bond-Geist in die Geschichte ein. Bei aller Thriller-Spannung, die die professionelle Produktion entfalten kann: Man vermisst bei diesem properen »The Night Manager« den verrauchten, verregneten und zerknitterten Charme, durch den gelungene Carré-Verfilmungen wie »Dame, König, As, Spion« (2011, von Tomas Alfredson) oder »A Most Wanted Man« (2014, von Anton Corbijn) in ihren Bann ziehen können.

Die gegenwärtig initiierte Russland-Dämonisierung scheint die Faszination für den Kalten-Kriegs-Kosmos von John le Carré neu anzufachen: Diesen Sommer startet mit »Verräter wie wir« eine weitere Carré-Verfilmung. Ein britischer Professor (Ewan McGregor) kämpft darin zwar nicht gegen Geheimdienste und die Story spielt lange nach dem Kalten Krieg, dafür aber geht es gegen Geldwäscher - russische Geldwäscher, versteht sich.

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