Folge 126: Gender Gap

  • Lesedauer: 2 Min.

Im englischen Sprachraum bedeutet Gender Gap etwas ganz traditionell Feministisches, nämlich die Ungleichbehandlung von Männern und Frauen, die sich vor allem in einer Einkommenslücke (englisch: gap) zeigt. Jüngere Linke in Deutschland denken bei dem Wort dagegen zuerst an Sonderzeichen: Unterstrich (_) oder Sternchen (*) markieren in Wörtern einen Zwischenraum - die Lücke - und geben einen Hinweis auf diejenigen Menschen, die nicht in das Frau-Mann-Hetero-Schema hineinpassen oder nicht hineinpassen wollen, wie Intersexuelle oder Transgender (FLTI*). Die aus der Queer-Theorie stammende Variante hat das früher in der Linken gängigere Binnen-I in Presseerklärungen, Programmen und Flugblättern fast vollständig ersetzt. Inzwischen ist am Binnen-I das schlecht, was es früher gut gemacht hat: Es steckt einfach zu viel Frau drin. Damit bekräftigt es aus Sicht der Gender-Gap-Benutzer die als überholt erkannten Kategorien männlich und weiblich. Die Weiterentwicklung zur noch viel neutraleren Endung -x von Lann Hornscheidt, der/die/das sich selbst als »Professx« (gesprochen: Professiks) bezeichnet, hat jedoch selbst unter postmodernen Linken einen schweren Stand. Zudem gibt es auch hoffnungslos altmodische Linke, die all das für einen wahnsinnigen Irrtum abgehobener Kopfarbeiter halten und das Englische preisen, wo Wörter allesamt geschlechtslos sind. Vielleicht war der Sündenfall im Deutschen denn auch die Einführung der weiblichen Endung -in. Provozierend fragen diese Unverständigen, warum wir nicht besser noch ein schwarzes Quadrat einführen, um die Diskriminierung der Schwarzen oder das Ausblenden der Armen ins Bewusstsein zu rufen. Sie sprechen diese Gedanken nur selten laut aus, aus Angst vor der absehbaren Empörung und ein klein wenig auch aus Sorge, dass dieser Vorschlag seine Anhänger_innen finden würde. iw

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