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Menschlichkeit auf dem Mittelmeer

Der Polizist Lars Wendland rettete im Urlaub Flüchtlinge und erhielt jetzt einen Preis dafür

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.
Am Montagabend wurde das Band für Mut und Verständigung verliehen - an Lars Wendland und an das Zossener Netzwerk für Demokratie und Menschlichkeit.

Bei der 23. Verleihung des Bandes für Mut und Verständigung in der Potsdamer Staatskanzlei nannte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) solche Verhaltensweisen in der Gegenwart »vielleicht so wichtig wie noch niemals zuvor«. Es erfordere zu Beginn in der Tat viel Mut, sich den Schwierigkeiten der Flüchtlingsintegration zu stellen, doch winke den Unermüdlichen eben auch am Ende das Glück, menschlich gehandelt zu haben. Das unterstrich Woidke am Montagabend bei der Übergabe der 1993 vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) gestifteten Auszeichnung.

Einer der Geehrten war Lars Wendland, Beamter der Bundespolizei aus Brieskow-Finkenheerd. Wendland ging schon durch die Medien als ein Mann, der zwei Wochen seines Urlaubs opferte, um mit dem Schiff einer Hilfsorganisation vor der griechischen Insel Lesbos zu kreuzen und Flüchtlinge auf dem Mittelmeer aus Seenot zu retten.

Nach seiner Rückkehr schuf Wendland eine Basis für eine Willkommenskultur in seiner Heimat. Als Gemeindevertreter sorgte er dafür, dass drei syrische Familien Wohnungen in Brieskow-Finkenheerd bekamen. »Die dagegen sprechen, sind in der Minderheit«, stellte Wendland fest. Allerdings ziehen die Behörden offenbar nicht in jedem Punkt am gleichen Strang. Die drei syrischen Familien solle in eine Stadt umgesiedelt werden. »Ich hoffe, dass es nicht dazu kommt.«

Bewegt schilderte Wendland seine Erlebnisse an der südlichen EU-Außengrenze. »Wann ist Schluss mit dem unnötigen Sterben?« Zwischen 1000 und 2500 Euro müssen die Flüchtlinge den Schleppern für eine Überfahrt in einem oft nicht hochseetauglichen Boot bezahlen. An einem Tag seien 16 Boote mit 60 und mehr Insassen auf Lesbos eingetroffen. »Ich habe keine griechischen Hilfskräfte gesehen«, bedauerte Wendland. Auch habe er deutsche Hilfsorganisationen wie das Technische Hilfswerk, das Deutsche Rote Kreuz und andere vermisst.

Aus den Händen von DGB-Landesbezirkschefin Doro Zinke nahm auch das Netzwerk für Demokratie und Menschlichkeit Zossen die Auszeichnung mit dem Band für Mut und Verständigung entgegen. Die Zunahme von fremdenfeindlichen und rechtsextremen Übergriffen in Brandenburg erschrecke sie, bekannte Zinke. »Der Gegenwind von rechts bläst scharf.« Um so hervorhebenswerter sei es, wie in Zossen und Umgebung der »von unten« organisierte Dialog dabei helfe, »Ängste auf beiden Seiten abzubauen«.

Christina Witt vom Zossener Netzwerk gestand zu: Es gebe Mitbürger, die ihren Unmut über Flüchtlinge äußern. »Es ist unser aller Aufgabe, Antworten zu geben«, meinte Witt. Wie ein Begleitfilm darstellte, befürchten nicht wenige Brandenburger durch den Zustrom von Flüchtlingen ein »riesiges Heer neuer Hartz-IV-Empfänger«. Inzwischen sei »Normalität« eingezogen, stellte Witt fest, wenn es auch »nach wie vor Bedenken« gebe. Das führte sie auch darauf zurück, dass durch den gestoppten Zustrom der Ausländer über die Balkanroute die örtliche Einrichtungen »Gott sei Dank nicht so belegt sind, wie ursprünglich erwartet« worden sei. Im Landkreis Teltow-Fläming leben Menschen aus 110 Nationen. »Es ist normal, dass wir nicht immer einer Meinung sind«, sagte Witt.

Ministerpräsident Woidke erinnerte an das Potsdamer Toleranzedikt von 1685, in dem der Kurfürst seine Landeskinder ermahnte, die einwandernden Glaubensflüchtlinge aus Frankreich, die Hugenotten, nicht feindlich aufzunehmen. Das habe zu einer Blüte in der Wirtschaftsentwicklung der Mark Brandenburg geführt.

Mit Verweis auf die Historie und die Landesverfassung gab der Ministerpräsident die Maxime aus, im Rahmen der demokratischen Verfassung solle auch im heutigen Brandenburg »jeder nach seiner Fasson selig werden«.

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