Die Hauptstadt an die Opposition verloren

Weitere schwere Schlappe für den Afrikanischen Nationalkongress bei Kommunalwahlen in Südafrika

  • Puthi Ndlovu
  • Lesedauer: 3 Min.
Südafrikas Regierungspartei musste bei Kommunalwahlen schwere Verluste hinnehmen. Die Skandale des Präsidenten kosteten offenbar viele Stimmen. Die Opposition siegt in der Hauptstadt Pretoria.

Die Kommunalwahlen in Südafrika sind für den regierenden African National Congress (ANC) zum Fiasko geworden. Die Partei hat in fast allen Metropolen des Landes ihre seit dem Ende der Apartheid 1994 sichere absolute Mehrheit verloren. In Tshwane, der Metropolenregion mit der Hauptstadt Pretoria und in der nach dem legendären ersten Nach-Apartheid-Präsidenten benannten Nelson-Mandela-Bay mit der Großstadt Port Elizabeth ist die Democratic Alliance (DA) stärkste Kraft geworden. In Johannesburg, dem wirtschaftlichen Herz des Landes, braucht der ANC künftig einen Koalitionspartner. In Kapstadt regiert die von Weißen dominierte DA bereits seit 2006 - und künftig fast mit einer Zweidrittelmehrheit. Landesweit kommt der ANC zwar noch auf 53,9 Prozent der Stimmen, gegenüber den vergangenen Kommunalwahlen von 2011 bedeutet aber auch dieses Ergebnis einen Absturz um mehr als acht Prozent.

Die Oppositionsparteien hatten die Wahl vor allem zum Misstrauensvotum gegen den Staats- und ANC-Präsidenten Jacob Zuma erklärt, der seit Jahren von einem Skandal in den nächsten rutscht. Der medial am meisten ausgeschlachtete Fall ist sicherlich die Saga um den angeblichen Sicherheitsausbau seines privaten Landsitzes aus Steuergeldern. Für umgerechnet 20 Millionen Euro entstanden dabei unter anderem ein Swimmingpool und ein Amphitheater. Für das Land schwerwiegender dürfte aber Zumas Beziehung zu windigen Wirtschaftsgrößen sein, die im vergangenen Jahr gar dem Vizefinanzminister angeboten haben sollen, den Posten seines Chefs zu übernehmen. Der Wert der südafrikanischen Währung Rand ist seit Zumas Amtsantritt 2009 gegenüber dem Euro auf die Hälfte gesunken, zum Jahresende droht dem Land die Herabstufung der Kreditwürdigkeit. Die Inflation hat die in den vergangenen Jahren hart erkämpften Lohnerhöhungen schon wieder verpuffen lassen.

Während seiner Rede nach der Verkündung der Ergebnisse wurde Zuma am Samstagabend auch noch von Frauen an die Vergewaltigungsvorwürfe an ihn vor zehn Jahren erinnert. Damals war er vor Gericht freigesprochen worden, seine Aussage, er habe »heiß geduscht«, um eine HIV-Ansteckung zu verhindern, hängt ihm aber bis heute an.

Der ANC versuchte noch am Freitag, als bereits über 90 Prozent der Stimmen ausgezählt waren, das Ergebnis schönzureden. Parteisprecher Zizi Kodwa behauptete in einer Pressemitteilung, der ANC habe in absoluten Zahlen mehrere Millionen Wähler hinzugewonnen. Das allerdings war schlicht falsch, Kodwa hatte die Zweitstimmen von vor fünf Jahren offensichtlich einfach unter den Tisch fallen lassen. Der Sprecher spann aus dem vermeintlichen Stimmenzuwachs sogar eine »überschwängliche Zustimmung« zum ANC-Programm für den öffentlichen Dienst. In Wirklichkeit kommt es in Südafrikas Schwarzensiedlungen fast täglich zu Protesten, weil Wasseranschlüsse, Elektrizität oder Sozialwohnungen noch immer nicht für alle Menschen verfügbar sind.

Der ANC wirkt kopflos und von der Realität entrückt, steht aber schon bald vor weiteren Herausforderungen. In Johannesburg müsste die Partei künftig ausgerechnet mit den Economic Freedom Fighters (EFF) von Julius Malema koalieren, um an der Macht zu bleiben. Malema, ein verurteilter Steuersünder, war einst Präsident der ANC-Jugendliga und wurde 2012 nach einem Machtkampf mit Zuma aus der Partei ausgeschlossen. Seine erst 2013 gegründeten EFF kamen nun mit Forderungen nach einer radikalen Landreform und Verstaatlichungen im Bergbau und Finanzsektor landesweit auf fast genau die acht Prozent der Stimmen, die dem ANC verloren gegangen sind.

Es ist noch nicht ganz einen Monat her, da kündigte Malema im Wahlkampf an, Zuma ins Gefängnis stecken und aus dem Luxus-Landsitz des Präsidenten eine Hochschule machen zu wollen. Der ANC dürfte vor schwierigen Verhandlungen stehen.

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