Hilfe für die Helfer
Johanna Treblin über überforderte ehrenamtliche Flüchtlingshelfer
Wenn der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) über Flüchtlinge spricht, dann spricht er meistens auch über Ehrenamtliche. Über die Menschen, die vor allem im vergangenen Sommer, Herbst und Winter da eingesprungen sind, wo dringend Helfer gebraucht wurden, der Staat aber nicht willens, Pardon, in der Lage war, das Notwendige bereitzustellen. Bei brütender Hitze standen vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) täglich Hunderte Menschen ohne Schatten und Wasser. Anwohner und Freiwillige aus ganz Berlin brachten Getränke. Im Winter wiederholte sich das Chaos, dieses Mal fehlten Decken, Jacken, warmer Tee. Auch das brachten Freiwillige vorbei, organisierten Busse und Schlafplätze. Ohne diese ehrenamtlichen Helfer, so sagte es Michael Müller sinngemäß wiederholt bei öffentlichen Auftritten, wäre das Unglück noch größer gewesen.
Viele der Freiwilligen vernachlässigten ihre Jobs, ihre Familie, ihre Gesundheit. Nicht wenige zogen sich zurück, mindestens einer drehte durch und setzte das Gerücht eines toten Flüchtlings in die Welt. Was fehlte - und häufig bis heute nicht gelöst ist: Hilfe für die Helfer. Eine Supervision, bei der Erlebtes besprochen werden kann, eine psychosoziale Betreuung, bei der auch persönliche Grenzen thematisiert werden. Das gilt vor allem für Flüchtlingshelfer und insbesondere für die katastrophale Situation im vergangenen Jahr. Das ist aber auch im übrigen Ehrenamt ein Problem. »Das Land tut nicht genug für die Ehrenamtlichen«, sagt Fabio Reinhardt, flüchtlingspolitischer Sprecher der Piratenfraktion. Immerhin wurde 2013 ein Ausschuss für Bürgerschaftliches Engagement eingerichtet. Doch für Reinhardt ist das nichts weiter als ein »Daddel-Ausschuss«, der sich selten treffe und keine Entscheidungen fälle.
Mehr geregelte Jobs für den Flüchtlingsbereich wäre zumindest ein Teil der Lösung, indem die ehrenamtlichen Helfer entlastet würden.
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