»Klara« macht das Wasser schön

Bergbausanierer LMBV stellt eigenes Spezialschiff zur Gewässerverbesserung in Dienst

  • Tomas Morgenstern
  • Lesedauer: 4 Min.

Drei Mal schepperte die Flasche ergebnislos gegen die Bordwand, dann erst zerschellte sie, ergoss sich der gute »Fürst Metternich«-Sekt in den Partwitzer See. Die Taufe des ersten eigenen Gewässerbehandlungsschiffes auf den Namen »Klara« Ende vergangener Woche feierte die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft (LMBV) trotz dieses kleinen Malheurs wie einen großen Sieg. Das Spezialschiff, dass in den kommenden Jahren zur Verbesserung der Wasserqualität auf den Tagebauseen in der Lausitz eingesetzt werden soll, war erst Ende August auf dem Partwitzer See eingetroffen und hatte seine kurze Testphase nicht gänzlich ohne Probleme absolviert. Das Wasser des Sees ist sauer (pH-Wert 3,0) und »Klara« wird regelmäßig Kalk in das Gewässer einbringen, um es zu neutralisieren.

Zur Einweihung des Schiffes hatte sich viel Prominenz am einstweilen noch recht kahlen Ufer versammelt. Immerhin nimmt das Unternehmen die Verbesserung der Gewässergüte der Tagebaufolgeseen erstmals auch mit mobiler Technik selbst in Angriff. Das im Gebiet beiderseits der brandenburgisch-sächsischen Landesgrenze entstehende Lausitzer Seenland ist ein Prestigevorhaben, das belegen soll, wie man aus dem Erbe der heute heftiger denn je umstrittenen Braunkohlewirtschaft etwas für die betroffene Region Nutzbringendes schaffen kann. LMBV-Chef Klaus Zschiedrich begrüßte unter den Gästen Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) und den neuen Präsidenten des Landesbergamtes Brandenburgs, Hans-Georg Thiem, sowie Claus-Peter Pietras, Referatsleiter im Bundesfinanzministerium.

Es ist ein gemeinschaftlich entstehendes Großunternehmen, für das die LMBV die berg- und wasserrechtliche Verantwortung trägt: allein 36 größere, zum Teil miteinander verbundene Bergbaufolgesehen werden, wenn alles fertig ist, ein Urlaubs-, Naherholungs- und Wassersportareal ergeben, das laut Zschiedrich mit insgesamt fast 15 000 Hektar Wasserfläche größer sein werde als die Mecklenburgische Seenplatte. »Hier wird nach dem Ende des Braunkohletagebaus nicht einfach renaturiert«, sagte er. »Hier entsteht etwas gänzlich Neues.« Eine Herkulesaufgabe, für die die an der Einsatz- und Verladestelle von »Klara« versammelten Mitarbeiter des Sanierungsunternehmens auch reichlich Lob von Minister Dulig entgegennehmen konnten. »Bergbau ist immer ein Eingriff in die Natur, doch wir geben etwas zurück.« Dulig verwies auf die großen Chancen, die sich künftig vor allem für die Entwicklung der regionalen Tourismuswirtschaft ergeben. Teile des Partwitzer Sees seien schon für den Segelsport freigegeben, selbst einen Badestrand gebe es, der bereits gut genutzt werde.

Das Ufer des Partwitzer Sees, der zwischen Senftenberg und Elsterheide liegt, teilen sich Brandenburg und Sachsen. Hier arbeitete bis 1978 der Tagebau Skado, der seit den 1990er Jahren saniert wird. Die Flutung sollte 2006 abgeschlossen sein, der See 2012 vollendet sein. Im Jahr 2007 jagte die internationale Rennboot-Elite beim Großen Preis von Deutschland mit 200 Sachen über den See, den bis heute jedoch Fische und Seevögel meiden.

Grund sei das saure Wasser, eine häufige Folgeerscheinung des Kohlebergbaus nach der Flutung durch Fremd- und Grundwasser, erklärte Projektleiter Jens Bäcker. Der endgültige Wasserstand sei mit 100 Metern über Normal Null fast erreicht.

Das Wasser des bis zu 27 Meter tiefen Sees, der eine Fläche von rund 11,2 Quadratkilometern bedeckt, ist relativ klar. Dennoch wirkte die Szenerie unwirklich, als die »Klara« bei herrlichem Wetter auf Jungfernfahrt ging: Die Uferlinie ist noch ziemlich kahl, seit die Maßnahmen zur Bodenverdichtung abgeschlossen wurden. Hinter dem Waldsaum steht die Dampfsäule des nahen Kohlekraftwerks Boxberg am blauen Himmel. Das Schiff, ein auf der »Hermann Barthel«-Werft in Derben (Elbe) in Sachsen-Anhalt gebauter Katamaran von 12,80 Meter Länge, bugsiert einen mit 25 Tonnen Branntkalk beladenen Leichter über den See, eine breite gelbliche Kalkschleppe im dunklen Wasser hinter sich herziehend. In der Zwischenzeit wird der zweite Leichter an der Einsatzstelle neu beladen. Rund 200 000 Tonnen Branntkalk und Kalksteinmehl sollen so bis 2018 zunächst eingesetzt werden, um den pH-Wert des Wassers schrittweise zu normalisieren - Ziel ist pH 7 bis 8.

Bisher hatte die LMBV auf stationäre Bekalkungsanlagen gesetzt. Doch damit erreiche man nicht alle Areale der Seen, sagte Bergamtschef Hans-Georg Thiem. Ein Beispiel sei der Senftenberger See, ein DDR-Ferienparadies, in dem es noch immer leicht saure Areale gebe. Auch das Wasser von 17 Seen der Lausitzer Kette sei noch sauer. So hat die LMBV zu den elf Schiffen von Fremdfirmen, die im Seenland unterwegs sind, endlich sein eigenes Kalkschiff angeschafft. Ein Hightechprodukt, das für höchste Effizienz steht. 1,935 Millionen Euro hat es gekostet - eine Investition in die Zukunft, denn bis das Lausitzer Seenland vollendet sei, rechnet Thiem noch mit 25 Jahren.

Wie das aussieht, zeigt sich schon heute im nahen Geierswalde - an der Marina unterhalb des neuen Leuchtturms drängen sich Segelboote, werben ein Hausbootverleih und das Jetski-Center um solvente Urlauber.

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