Schwergewichte unter sich

In Thüringen soll die Begleitung von Großraumtransporten nicht mehr Polizeiaufgabe sein

  • Sebastian Haak, Erfurt
  • Lesedauer: 3 Min.

Gegen die immer wieder von Thüringer Landespolitikern erhobenen Forderungen, die Landespolizei seltener als bislang zur Begleitung von Schwertransporten einzusetzen, gibt es bei Beamten, die solche Einsätze regelmäßig fahren, heftigen Widerstand. »Wer sowas fordert, weiß nicht, wovon er redet«, sagt einer dieser Beamten. »Die Leute haben einfach keine Ahnung.« Es sei eine Kernaufgabe der Polizei, mögliche Gefahren von Menschen abzuwenden - und nichts anderes täten Polizisten, wenn sie überlange, überbreite oder besonders schwere Transporte begleiteten.

Statt die Polizei möglichst von der Schwertransportbegleitung zu entbinden, müsse in Thüringen kurzfristig eine Gruppe von Polizisten gebildet werden, die sich ausschließlich um die Transportbegleitung kümmere, fordern diese Beamten. So ließen sich andere Dienststellen entlasten, weil diese nicht permanent Beamte zur Begleitung solcher Fahrzeuge abstellen müssten. Langfristig jedoch müsse in Deutschland das österreichische Modell zur Begleitung von Schwertransporten eingeführt werden.

In der anhaltenden Diskussion um die Sicherheitslage in Deutschland haben in den vergangenen Monaten Landespolitiker parteiübergreifend immer wieder vorgeschlagen, Polizisten weniger Schwertransporte als bisher begleiten zu lassen. Erst im April hatten die Fraktionen der rot-rot-grünen Koalition sowie der AfD einem Antrag der CDU-Fraktion zugestimmt, in dem gefordert wird, »die Thüringer Polizei von der Begleitung von Großraum- und Schwertransporten zu entlasten und die Begleitung stattdessen auf private Unternehmen zu übertragen«. In der Debatte war die Begleitung von Schwertransporten immer wieder als »polizeifremde Aufgabe« bezeichnet worden.

Im Freistaat gibt es nach Angaben des Thüringer Innenministeriums bislang keine Polizisten, die sich ausschließlich um die Begleitung von Schwertransporten kümmern. »Die Begleitung dieser Transporte ist ständige Aufgabe der Beamten der Dienstschichten«, sagt ein Sprecher des Innenministeriums. »Einer besonderen Schulungsmaßnahme bedarf es nicht, da dieses Wissen Grundwissen eines jeden Polizisten ist.« Schon diesen Ansatz halten Polizisten, die regelmäßig Schwertransporte begleiten, für falsch. Wer diese Aufgabe richtig erledigen wolle, brauche viel mehr Grundkenntnisse, sagen sie.

Nach den Zahlen des Innenministeriums sind im vergangenen Jahr 1878 Schwertransporte durch die Thüringer Polizei begleitet worden; 2014 waren es 1838, im Jahr davor 2603. Im ersten Halbjahr 2016 waren es 1241. Ob eine polizeiliche Begleitung nötig ist oder nicht, entscheidet im Zuge des Genehmigungsverfahrens für die Transporte das Thüringer Landesverwaltungsamt. Die Begleitung kann durchgängig oder für ausgewählte Streckenabschnitte angeordnet werden.

Wie die Polizisten hält auch der Hauptgeschäftsführer der Bundesfachgruppe Schwertransporte und Kranarbeiten, Wolfgang Draaf, es langfristig für sinnvoll, in Deutschland zum österreichischen Modell der Begleitung von Schwertransporten überzugehen. Dort übernehmen die Absicherung nicht einfach so Privatunternehmen, sondern private Dienstleister, die als sogenannte beliehene Personen auftreten und bei der Begleitung von Schwertransporten die gleichen Befugnisse wie die Polizei haben.

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