CDU in Treptow-Köpenick zerlegt sich

Der Abgeordnete Michael Vogel will aus der Fraktion austreten, weshalb die nun keinen Stadtrat stellen kann

  • Marina Mai
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Demontage der CDU im Bezirk Treptow-Köpenick geht weiter. Der noch amtierende Schulstadtrat Michael Vogel hat seinen Austritt aus der ohnehin auf nur sieben Mitglieder geschrumpften Fraktion angekündigt. Er will als fraktionsloser Abgeordneter in der Bezirksverordnetenversammlung sitzen. Damit hätte die CDU nur noch sechs Verordnete und verliert das Recht, einen Stadtrat zu nominieren. Bleibt es dabei, würde die Linkspartei profitieren. Sie könnte dann zwei Stadträte im neuen Bezirksamt stellen statt nur einen. Vogel ärgert sich über seine Partei, weil sie ihn nicht erneut zum Stadtrat gewählt hat. Nominiert wurde stattdessen der Nachwuchspolitiker Maik Penn.

SPD-Fraktionschef Alexander Freier sieht die Nichtnominierung des Autohausinhabers Vogel als Reaktion auf eine Erklärung der anderen Parteien, ihn im Falle einer Nominierung nicht mitzuwählen. »Wir haben der CDU signalisiert, dass wir ihren Kandidaten für fachlich ungeeignet halten.« Vor zweieinhalb Jahren sei er erst im vierten Wahlgang zum Stadtrat gewählt worden. Damals gab es noch eine Zählgemeinschaft von SPD und CDU. Jetzt will die SPD mit der LINKEN zusammenarbeiten. Freier wirft Vogel vor, sein Ressort nicht im Griff gehabt zu haben. »Außerdem habe ich Grund zu der Annahme, dass er das Agieren seiner Frau auf einer Bühne gemeinsam mit Rechten gut geheißen hat«, so Freier.

Gemeint ist Katrin Vogel, die Bezirksvorsitzende der CDU, die auch dem Abgeordnetenhaus angehört. Sie hatte an mehreren Kundgebungen in diesem Jahr im Treptow-Köpenicker Ortsteil Altglienicke gegen Asylheime teilgenommen und sich nicht daran gestört, dass auch Rechte teilnahmen. Stimmen gebracht hat ihr das keine: Die CDU verlor in Treptow-Köpenick überdurchschnittlich hoch und schrumpfte zur Splitterpartei. Das Direktmandat in Altglienicke ging an die AfD.

Katrin Vogel hatte nach der Nichtnominierung ihres Mannes angekündigt, ihr Amt als Bezirkschefin der CDU ruhen zu lassen.

»Mit Maik Penn als Stadtrat hätte man politisch nichts bewegen können«, sagte Michael Vogel der »Berliner Zeitung«. Und: Ja, die Konsequenzen, dass seine Partei mit seinem Fraktionsaustritt keinen Stadtrat nominieren könne, seien ihm bewusst. Seine Parteimitgliedschaft wolle er behalten. Aber »wenn die Fraktion ein Parteiausschlussverfahren gegen mich einleitet, trete ich freiwillig zurück«, wird Vogel dem Blatt zufolge zitiert.

Es sieht danach aus, dass sich die CDU mit Michael Vogels Schritt abgefunden hat und sich andernorts nach neuen Fraktionsmitgliedern umsieht, um doch noch einen Stadtratposten zu bekommen. LINKE-Fraktionschef Philipp Wohlfeil jedenfalls kann sich vorstellen, »dass die CDU mit Verordneten von FDP und AfD über einen Fraktionsübertritt spricht.« Denn hätte die CDU wieder sieben Fraktionsmitglieder, dürfte sie einen Stadtrat stellen.

Und tatsächlich: Der FDP-Verordnete Joachim Schmidt bestätigt dem »nd«, dass er aus CDU-Kreisen gefragt wurde, ob er die Fraktion wechseln wolle. Schmidt: »Das werde ich aber aus Verantwortung gegenüber dem Wähler und aus Loyalität nicht tun. Ich bin immerhin FDP-Vorsitzender im Bezirk.« Schmidt war allerdings bis 2007 in der CDU. Er trat seinerzeit wegen Michael Vogel aus der Partei aus.

Schmidt weiter: »Wenn es juristisch möglich ist, können wir aber über eine Fraktionsgemeinschaft aus CDU und FDP sprechen.« Doch er hat selbst Zweifel, ob das überhaupt geht. Der zweite FDP-Verordnete Ralf Henze, ebenfalls einst CDU-Mann, war telefonisch nicht erreichbar.

LINKE-Fraktionschef Philipp Wohlfeil würde sich freuen, wenn seine Partei wegen des CDU-Streits einen zweiten Stadtratsposten bekäme. »Es war schon bitter, dass wir den zweiten Stadtratsposten verloren haben, obwohl wir an Wählerstimmen zulegten.« Gernot Klemm sei bereits als Stadtrat nominiert. »Auf Listenplatz 2 ist die bisherige Lichtenberger Jugendstadträtin Sandra Obermeyer angetreten. Mit ihr wäre das Bezirksamt nicht ausschließlich männlich besetzt«, sagt Wohlfeil. Allerdings wird Obermeyer auch als mögliche Staatssekretärin für die Senatsregierung gehandelt.

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