Vorfreude auf das Baby

Im Kurheim »Haus an der Sonne« in Bad Saarow können sich Schwangere erholen

  • Jeanette Bederke
  • Lesedauer: 3 Min.

Anita Bauland aus Borken (Nordrhein-Westfalen) kann es endlich genießen, schwanger zu sein. Die 29-Jährige ist bereits im siebenten Monat und hat turbulente Zeiten hinter sich: Vom Kindsvater verlassen, kämpfte sie mit psychischen Problemen. Hinzu kamen gesundheitliche Schwierigkeiten, die ihre Schwangerschaft zum Risiko machen. Seit zehn Tagen ist Anita Bauland im »Haus an der Sonne« am Ufer des Scharmützelsees in Bad Saarow. Sie erholt sich hier bei einer dreiwöchigen Schwangerenkur. Sie fühle sich endlich aufgehoben und geborgen, sagt sie.

Im Internet war sie auf die deutschlandweit einzige Einrichtung dieser Art aufmerksam geworden. »Bei uns in der Gegend kannte niemand dieses Schwangerenkurheim - weder Ärzte noch Krankenkassen«, erzählt die gelernte Einzelhandelskauffrau, während sie sich lächelnd den Bauch streichelt. »Ich musste wirklich kämpfen, um hier einen Platz zu bekommen.«

Anke Müller, Leiterin des vom Kreisverband der Arbeiterwohlfahrt (AWO) getragenen Hauses kennt solche Probleme. »Wir sind seit Jahren bemüht, uns bekannter zu machen, haben regelmäßig Infostände bei Gynäkologenkongressen und Mediziner-Fortbildungen«, betont sie. Dennoch sei diese spezielle medizinische Vorsorge vor allem in den alten Bundesländern noch kaum bekannt. »Die Ärzte und auch Hebammen müssen informiert sein, damit sie gerade Patientinnen mit Risikoschwangerschaften eine Kur verordnen können«, sagt Müller. Das sei schließlich die kostengünstiger als wochenlangen Krankenhausaufenthalte.

Über die Auslastung des Hauses mit seinen 24 Plätzen kann sie sich allerdings nicht beschweren. Durchschnittlich 350 werdende Mütter pro Jahr, die zwischen 13 und 50 Jahre alt sind, genießen hier drei Wochen Auszeit. Die meisten stammen aus Ostdeutschland. Die Kosten werden von den Krankenkassen getragen, die werdenden Mütter zahlen einen Eigenanteil von 220 Euro.

»Wir würden uns aus wirtschaftlicher Sicht schon freuen, wenn wir zwanzig Zimmer mehr hätten, einen besseren Kostensatz erzielen würden und das Land Brandenburg verdeutlichen würde, dass es ein Landesinteresse an dieser besonderen Einrichtung gibt«, sagt Michael Pieper, Geschäftsführer des AWO-Kreisverbandes.

Auch wenn es auf den ersten Blick so wirken könnte: Das lichtdurchflutete Haus in einer grünen Parkanlage ist kein Hotel, sondern ein Angebot, mit der Schwangerschaft besser umgehen zu können. Die meisten Frauen haben laut Müller mit psychischen Problemen wie Überforderung, Depressionen oder auch Essstörungen zu kämpfen.

Das medizinische Personal, es sind zwei Hebammen und drei Krankenschwestern, wird deshalb durch eine Psychologin verstärkt. »Wer zu uns kommt, ist gestresst, erschöpft und auch noch schwanger«, formuliert es die Hausleiterin. Zum Kurprogramm gehören Wassergymnastik, Yogakurse, Massagen, Übungen zum Gebären, Techniken zur Muskelentspannung, Fachvorträge zur Geburt und zum Stillen oder zu Therapiemöglichkeiten für Kinder im ersten Lebensjahr. Es gibt ein kleines Schwimmbad, eine Sauna und Behandlungsräume. Was für Anita Bauland vor allem zählt, sind der herzliche Umgang und die individuelle Betreuung. »Du wirst hier ganz viel gestreichelt, körperlich und verbal. Gerade das tut mir gut«, erzählt die junge Mutter in spe, die erstmals Vorfreude auf ihr Baby empfindet.

Zudem hat sie Freundschaften geschlossen. »Da gibt es Frauen, die haben weitaus mehr Probleme als ich oder denen geht es gesundheitlich schlechter«, erzählt die 27-jährige Lina Elisath aus Bad Belzig, während Bauland zustimmend nickt.

»Dieser Austausch zwischen den Schwangeren ist wichtig, zu erleben, dass auch andere Schwierigkeiten haben und wie sie damit fertig werden«, sagt Leiterin Müller. Das »Haus an der Sonne« helfe, Frühgeburten oder komplizierten Entbindungen vorzubeugen. dpa

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