Bremer Plattdüütsch-Haus vor ungewisser Zukunft

Das Institut für niederdeutsche Sprache in der Hansestadt wird für seine Arbeit mit Lob überschüttet - doch die Finanzierung steht in den Sternen

  • Alice Bachmann, Bremen
  • Lesedauer: 3 Min.

Seit Jahresmitte ist der »Bundesraat för Nedderdüütsch« (BFN), also der Bundesrat für Niederdeutsch, Mitglied im Rundfunkrat von Radio Bremen - ein Hinweis auf die wachsende Wertschätzung für Bremens zweite Amtssprache. Der Rat mit Delegierten aus acht Bundesländern wurde 2002 gegründet und betreibt Lobbyarbeit für die plattdeutsche beziehungsweise niederdeutsche Sprache.

Im Volksmund einfach »Platt« genannt, erlebt diese Sprache, deren Nutzer zunehmend aussterben, eine Art Sprachenfrühling, was zum Teil auf der Arbeit des in Bremens Altstadt ansässigen Instituts für niederdeutsche Sprache (INS) beruht.

Jetzt ist das INS allerdings zum Sorgenfall geworden, genauer gesagt: seine Finanzierung. Denn die vier Geberländer, Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen und Bremen beschlossen dieser Tage auf der gemeinsamen Konferenz zur Zukunft des Instituts zunächst einmal das Ende der Förderungen in einem Jahr. Die Diskussionen um die Weiterentwicklung des INS, das von allen Seiten mit Lob für gute Arbeit überschüttet wird, sind erst mal auf den nächsten Sommer verschoben. Dabei hat besonders das Schulprogramm des Institutes in Bremen die Weiterverbreitung des Niederdeutschen wieder in Gang gebracht.

Trotzdem scheint bisher nur eines unumstößlich sicher: Das INS in seiner momentanen Form wird nur noch ein Jahr bestehen. Der Grund ist banal - es ist das Geld und dessen Verwendung, sprich: die Zuschreibung von Aufgaben und Aufträgen. Was in der Vorlage für die Bremer Kulturdeputation - ein politisches Organ, das sich vor dem Parlament mit der Angelegenheit zu befassen und Parlamentsbeschlüsse vorzubereiten hat - jedoch deutlich vornehmer ausgedrückt wurde. Von Neuaufstellung der länderübergreifenden Förderung der niederdeutschen Sprache ist hier die Rede.

Dass Plattdeutsch geschützt und gefördert werden muss, wurde vor 17 Jahren klargestellt mit der Unterzeichnung der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen durch die deutsche Regierung. Bei der Umsetzung schaut der BFN der Regierung auf die Finger. Zu den geschützten Sprachen gehören in Deutschland neben Niederdeutsch noch Dänisch, Sorbisch, Friesisch sowie die Sprachen Sinti und Roma.

In Bremen begann die aktive Arbeit für den Erhalt des Plattdeutschen in 1970er Jahren. Ein vor 43 Jahren gegründeter Verein ist Träger des INS, das mittlerweile fünf Angestellte hat und zuletzt einen Etat von rund 380 000 Euro. 80 000 Euro davon steuerte Bremen bisher bei und wäre auch bereit, diese Summe weiterhin jährlich zu geben. Aber die Abrechnungen des INS zeigen, dass der Etat bei Weitem nicht reichte und das INS im Grund pleite ist.

Während die finanzielle Bilanz ein weniger schönes Kapitel darstellt, liest sich die aktuelle Jahresleistungsbilanz äußerst positiv. Nach Institutsangaben bearbeitet das INS jährlich etwa 1500 Anfragen und Informationen, davon rund 15 Prozent aus Bremen, 65 Prozent aus den drei anderen beteiligten Bundesländern, zehn aus dem übrigen Platt-Sprachgebiet. Sieben Prozent kommen aus dem Rest der Republik und drei Prozent aus dem Ausland. Übersetzungen seien im vergangenen Jahr ein ganz großes Thema gewesen, zum Beispiel Überprüfungen von Urkunden, aber auch Übersetzungen für Reden oder für die Gastronomie.

Insgesamt versteht sich das Institut, das etwas versteckt in einem der ältesten Quartiere Bremens direkt an der Weser liegt, als eine Art Sprachendienstleister. So sind zwei der fünf Stellen in der gut ausgestatteten Bibliothek des INS angesiedelt. Wer dort nur schmökern will, kann das machen, wer Beratung möchte, wird sie bekommen.

Außerdem sammelt das INS alles, was Niederdeutsch betrifft, wie etwa plattdeutsche Schriften, aber auch Veröffentlichungen über die Sprache und ihre Sprachgebiete.

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