Schluss mit zweiter Geige

Aarhus ist Kulturhauptstadt 2017

  • Julia Wäschenbach
  • Lesedauer: 3 Min.

Die aufregendste Art, in Aarhus anzukommen, ist aus der Luft und auf dem Wasser. Dafür darf man nur keinen nervösen Magen haben. Wenn das Wasserflugzeug aus Kopenhagen in der Bucht vor der zweitgrößten Stadt Dänemarks landet, spritzen und schwappen die Wellen an beiden Seiten der kleinen Propellermaschine hoch und übertönen für einen Moment den Krach, den der Flieger selbst macht. Vor und zurück schaukelt sich das rot-weiße Ungetüm in den Hafen. Der ist das Tor zu einer jungen, kreativen Stadt, die sich endlich aus dem Schatten von Dänemarks hipper Hauptstadt Kopenhagen schälen will. Die Kulturhauptstadt 2017 ist da eine willkommene Chance.

Den Titel trägt »die kleinste Großstadt der Welt«, wie die Aarhusianer ihr Zuhause liebevoll nennen, gemeinsam mit dem zyprischen Paphos. Für Aarhus’ Bürgermeister Jacob Bundsgaard ist das Jahr »eins der absolut ehrgeizigsten Kulturprojekte aller Zeiten in Dänemark«. Um das zu meistern, hat die Studentenstadt mit knapp 320 000 Einwohnern das ganze Umland ins Boot geholt. Die Events unter dem Motto »Let’s Rethink« (»Lasst uns umdenken«) sind auf 19 Kommunen verstreut, mehrere hundert kulturelle Institutionen in der Region Midtjylland machen mit. Selbst die Insel Samsø ist mit ihrem Nachhaltigkeits-Festival ein Teil des Spektakels.

Kulturhauptstadt-Chefin Rebecca Matthews verspricht »epische Werke« und »intime Momente«. Zur ersten Kategorie gehört die Saga »Røde Orm« über die Abenteuer eines jungen Wikingers auf dem Weg zu seiner großen Liebe. Auf dem grasbewachsenen Dach des Museums Moesgaard bei Aarhus wird die Geschichte den Sommer 2017 über unter freiem Himmel aufgeführt.

Das größere Problem für die Besucher dürfte die Entscheidungsfindung sein. Ein Blick in das mehrere Kilo schwere marineblaue Programmheft offenbart hunderte Veranstaltungen, von Mitmach-Kunst bis Hochkultur. Nikolaj Scherfig, Autor der Krimi-Erfolgsserie »Die Brücke«, kommt zu einem Schreib-Workshop in den Urlaubsort Hvide Sande. Im Konzerthaus Musikhuset in Aarhus bringt der Choreograph Wayne McGregor Jonathan Safran Foers Werk »Tree of Codes« mit einem Design des dänisch-isländischen Künstlers Olafur Eliasson und Musik des Briten Jamie xx auf die Bühne. Kurz zuvor ist dort im April Daniel Barenboim mit dem West-Eastern Divan Orchestra zu Gast.

Fünf Millionen Menschen sollen 2017 zu den Events in die Region kommen. Der Trend bei den Besucherzahlen geht schon seit Jahren nach oben. Bundsgaard weiß, dass er das auch der medialen Aufmerksamkeit rund um die Kulturhauptstadt zu verdanken hat. »Wir hoffen, dass wir einen bleibenden Eindruck hinterlassen«, sagt der Bürgermeister. »In Europa, aber auch anderswo, sieht man einen Trend zu den «zweiten» Städten: Immer mehr Leute besuchen die zweitgrößten Städte, weil sie schon in den Hauptstädten waren und etwas Neues erleben wollen.« dpa/nd

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal