Mehr als 1100 Menschen erinnern an Tod von Oury Jalloh

Demonstration anlässlich des zwölften Todestages des Asylbewerbers / Todesumstände noch immer nicht geklärt

  • Lesedauer: 2 Min.

Dessau-Roßlau. Mehr als 1100 Menschen haben am Samstag in Dessau-Roßlau an den Tod des Afrikaners Oury Jalloh vor zwölf Jahren in einer Polizeizelle erinnert. Eine Demonstration der Initiative in Gedenken an Jalloh führte am Nachmittag durch die Innenstadt. Ziel war die Polizeistation, wo der Asylbewerber 2005 bei einem Brand ums Leben gekommen war. Gegenüber den Vorjahren stieg die Zahl der Teilnehmer an den regelmäßigen Protesten am Todestag des Afrikaners stark an, erläuterte Polizeisprecher Ralf Moritz.

Die Demonstranten skandierten in Sprechchören immer wieder »Oury Jalloh - das war Mord« und trugen Transparente mit dieser Aufschrift. Sie protestierten gegen Rassismus und forderten eine weitere Aufklärung des Falles, obwohl der Bundesgerichtshof (BGH) einen Schuldspruch gegen einen Polizisten wegen fahrlässiger Tötung vor zwei Jahren in letzter Instanz bestätigt hatte.

Der Zug führte auch am Sitz der Staatsanwaltschaft, am Landgericht und am Rathaus vorbei. Dort gab es kurze Protestkundgebungen. Viele Demonstranten waren mit Bussen aus anderen Bundesländern angereist. Die Initiatoren hatten bundesweit zu den Protesten aufgerufen.

Der aus Sierra Leone stammende Asylbewerber Jalloh war am 7. Januar 2005 in einer Dessauer Polizeizelle ums Leben gekommen. Er starb auf einer Matratze bei einem Brand in der Gewahrsamszelle. 2008 waren in einem ersten Prozess zwei Polizisten in Dessau freigesprochen worden. Nachdem der BGH das Urteil gekippt hatte, wurde ein Beamter 2012 vom Landgericht Magdeburg wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 10.800 Euro verurteilt. Eine erneute Revision verwarf der BGH 2014.

Jalloh soll die Matratze selbst mit einem Feuerzeug angezündet haben, obwohl er an Händen und Füßen gefesselt war. Er war festgenommen worden, weil sich Frauen von ihm belästigt fühlten und er sich gegen Beamte gewehrt haben soll.

Die Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau prüft, ob es neue Ermittlungsansätze in dem Fall gibt. So war im August ein neuer Brandversuch ausgeführt worden, um die Tatumstände zu rekonstruieren. Die Gedenk-Initiative hatte selbst eigene Gutachten in Auftrag gegeben, um zu zeigen, dass das Feuer von Dritten entzündet wurde. Sie präsentierte am Samstag die Stellungnahme eines Londoner Experten, der den neuerlichen Brandversuch der Staatsanwaltschaft als fehlerhaft kritisiert. epd/nd

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