Jugend ohne Zeit
Bundesregierung fordert mehr Freiräume und Bildung für Jugendliche
Berlin. Abi mit 18, Bachelor drei Jahre später: Der Übergang zum Berufs- und Erwachsenenleben ist für viele Jugendliche heute eng getaktet. Jede Entscheidung könnte eine wichtige Weiche sein. Was fehlt, ist Freiraum zum Ausprobieren - offenbar auch zum Mitmischen: Immer weniger junge Menschen engagieren sich in Parteien und gehen überhaupt wählen. Dies geht aus dem am Mittwoch vom Bundeskabinett verabschiedeten 15. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung hervor. Das 570 Seiten starke Dokument, erstellt vom Deutschen Jugendinstitut, zieht eine nachdenkliche Bilanz der Bildungsreformen der vergangenen Jahre. Die Autoren fordern mehr Gelegenheit zur Orientierung für Jugendliche.
Drei Punkte hob der Direktor des Jugendinstituts, Thomas Rauschenbach, hervor. Erstens forderte er mehr Ganztagsschulangebote für ältere Schüler. Derzeit sei die Ganztagsschule vor allem ein »Betreuungsprojekt für Kinder«, sagte er. Es müssten attraktive Angebote für Jugendliche entwickelt werden. Zweitens plädierte er für mehr politische Bildung und Teilhabe von Jugendlichen. Gerade angesichts des erstarkenden Populismus brauche man eine Stärkung der politischen Bildung.
Zur Diskussion zum Wahlrecht mit 16 Jahren sagte Rauschenberg, der Bericht sage »in der Tendenz ja« dazu. Es gehe aber nicht nur ums Kreuzchen beim Wählen, sondern um die Entwicklung eines politischen Interesses. Drittens forderte Rauschenberg, Unterstützungsleistungen für Jugendliche nicht abrupt mit dem 18. Geburtstag enden zu lassen. Die Jugend sei mit diesem Alter heute nicht abgeschlossen, sie ziehe sich immer stärker ins dritte Lebensjahrzehnt. Als Beispiel nannte er Jugendliche, die in Heimen aufwachsen. Eltern schickten ihre Kinder schließlich auch nicht einfach vor die Tür, sagte Rauschenbach. epd/nd
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