Filmrequisiten - verstaubt und begehrt

Der Fundus von Studio Babelsberg ist der größte in Europa

  • Klaus Peters
  • Lesedauer: 3 Min.

»Es ist alles ein bisschen staubig«, entschuldigt sich Peter Armbrüster, der im Studio Babelsberg über den Requisitenfundus wacht. »Aber wir dürfen ja hier nicht putzen.« Denn Armbrüsters Kunden wollen die besondere Patina: »Wenn das glänzend poliert wäre, nimmt das keiner mehr.«

Hinter Armbrüster steht ein Plattenspieler der US-Army, der Schauspieler Bill Murray im Film »Monuments Man« in rührselige Weihnachtsstimmung brachte. Und in den Regalen um seinen Schreibtisch herum warten Radios, Schallplatten und Bücher aus vielen Jahrzehnten auf Interessenten aus ganz Europa.

Nach 105 Jahren Filmgeschichte lagern mehr als eine Million Requisiten in den Hallen auf dem Studiogelände. Es ist der größte derartige Fundus Europas. »Und jedes Objekt erzählt eine Geschichte«, sagt Studiosprecher Eike Wolf. Auf einem riesigen Dachboden lagern Stühle und Sessel aus vielen Epochen, in Regalreihen sind Akten der Reichskanzlei sortiert.

In dem Fundus werden etwa Filmausstatter auf der Suche nach der originalen Einrichtung einer Ostberliner Zweiraumwohnung der 1970er Jahre fündig. Von der Obstschale im Wohnzimmer bis zum Wäschetrockner im Bad ist alles da. Eine Wand in einem Nebenraum bietet eine Auswahl von Hirschgeweihen in allen Größen. An den Decken hängen Lampen aus vielen Epochen.

Ein heimlicher Star der Sammlung ist ein ausgestopfter Dachs, mit Hellebarde und Lampe als Nachtwächter kostümiert. »Zuerst habe ich über den Dachs gelacht, aber dann ist er mir in einem alten ›Tatort‹ als Deko bei einer Szene in einer Dorfkneipe aufgefallen«, erzählt Wolf. Anschließend habe er ihn noch einige Male in Fernseh- oder Kinofilmen gesehen. »Zuletzt, als ich mit meiner Tochter in ›Bibi und Tina 2‹ war«, erzählt Wolf. Er lache jetzt nicht mehr über den Dachs. »Man muss das alles mit den Augen eines Filmausstatters sehen.«

Doch nicht nur Leute vom Film, Veranstaltungsmanager und Fotografen decken sich in den Hallen des Babelsberger Requisitenfundus mit Leihgaben ein. So stattet ein prominenter Potsdamer seine Villa für barocke Partys mit entsprechenden Möbeln und seine Gäste mit den Roben aus dem Kostümfundus aus. In einer Ecke wartet eine überlebensgroße Oscarstatue auf den Empfang der US-Botschaft zur Berlinale.

»Bei uns melden sich auch Abiturklassen, die ihre Abschlussparty unter einem bestimmten Motto wie Mittelalter, Zirkus oder Märchen feiern wollen«, berichtet die Leiterin der Kleinrequisiten, Wera Sawistowski. »Wir versuchen dann einen fairen Preis auszumachen, wir wollen das ja unterstützen.«

Über manche ihrer Objekte rätselt selbst Sawistowski. »Das könnte ein alter Zigarrenabschneider sein«, sagt sie und drückt auf den Verschluss einer Metallflasche, in dem eine Feder verborgen ist. Im Bauch der Flasche lässt sich ein Klingelzeichen aktivieren. »Vielleicht ein Warnsignal, wenn man zu viel raucht?«

Besonders stark sei die Requisite für die Jahrzehnte der 1920er bis 1940er Jahre und dann wieder für die 1960er bis 1980er Jahre in der DDR, berichtet Wolf. Zu Karneval und Halloween ist speziell der Kostümfundus gefragt, der mit seinen mehr als eine halbe Million Kostümen, Uniformen und Accessoires mittlerweile dem benachbarten Filmpark gehört. »Dort können sich die Leute Kleidung aus allen Epochen leihen«, sagt Wolf. »Vom Fellkleid der Steinzeitmenschen bis zum modernen Straßenanzug.« dpa

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