Duplizierbar, reihbar, stapelbar

Typenhäuser sollen als »Platte 2.0« Neubaukosten deutlich reduzieren

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 2 Min.

»Besser, billiger und schneller bauen«, diese 1954 vom sowjetischen Generalsekretär Nikita Chrustschow ausgegebene Parole ist in Zeiten des hauptstädtischen Wohnraummangels aktuell wie nie. Und somit steht auch eine Wiederkehr der industriellen Bauweise an. Nachfolger der einst Zehntausendfach errichteten Plattenbauten sollen nun sogenannte Typen- oder Modularbauten werden. Mars Architekten und das landeseigene Wohnungsbauunternehmen haben dieser Tage die Planung eines ersten solchen Gebäudes abgeschlossen. Es soll an der Schkeuditzer Straße in Hellersdorf entstehen.

Standardisierte Küchen und Fenster, Fertigteiltreppenhäuser, fertig angelieferte Badcontainer, nur ein Leitungsstrang pro Wohnung. Man kann viel optimieren am gegenwärtigen Hausbau, um durch Serienfertigung die Kosten pro Quadratmeter deutlich zu drücken. In nur dreieinhalb Monaten haben Architekten und Wohnungsunternehmen den Entwurf ausgearbeitet, der möglicherweise massenhaft in der Hauptstadt gebaut werden wird. »Die Fassadengestaltungsmöglichkeiten sind variantenreich und bieten einen hohen Individualisierungsgrad«, teilt die Stadt und Land mit. Das verleihe »bei aller Effizienz jedem Typenhaus seinen eigenen Charme«.

120 Wohnungen sollen in dem ersten Testbau am Nordrand Hellersdorfs in fünf- und sechsgeschossigen Gebäuden entstehen. Die Ausschreibungen laufen, mit den Ergebnissen rechnet man bei der Stadt und Land Ende August. »Ob der Baubeginn noch in diesem Jahr sein wird, können wir wegen des Experimentalcharakters noch nicht sagen«, sagt Unternehmenssprecherin Anja Libramm. Auch zu den Baukosten könne man vor den Ausschreibungen noch nicht viel sagen. Ohne Subventionen soll jedoch eine Nettokaltmiete von neun Euro pro Quadratmeter möglich sein. Das liegt bis zu einem Viertel unter den Kalkulationen bei herkömmlichen Neubauten. Die Grundformen seien »duplizierbar, reihbar, stapelbar«, so das Unternehmen. Dadurch sei sowohl Blockrand- als auch aufgelockerte Bebauung machbar.

Vergleichbare Einsparungen konnte das Münchener städtische Wohnungsunternehmen GWG auch bei einem klassischen Neubauvorhaben erzielen. »Wir haben alles hinterfragt«, erklärt Unternehmensarchitekt Ole Beißwenger. Große Einsparungen der Betriebskosten für die Mieter bringt dort der Verzicht auf die individuelle Heizenergieverbrauchsmessung. »Durch die immer bessere Dämmung kostet die Ablesung bald mehr als der Verbrauch«, sagt Beißwenger. »Ob die Mieter das auch akzeptieren, werden wir sehen.«

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