Ältestes Kino im Land wird versteigert

  • Anna Ringle
  • Lesedauer: 2 Min.

Der Holzboden knarrt und in den roten samtbezogenen Kinositzen fühlen sich Besucher um Jahrzehnte zurückversetzt. Das Kino »Weltspiegel« in Cottbus gilt als ältestes noch bestehendes Filmtheater in Brandenburg und gehört zu den ältesten Lichtspielhäusern in Deutschland. Das mehr als 100 Jahre alte Filmtheater wird von vielen Besuchern geschätzt, doch seine Zukunft ist ungewiss. An diesem Dienstag um 9 Uhr soll es zwangsversteigert werden, kündigte das Amtsgericht Cottbus an.

Ralf Zarnoch geht im prächtigsten von mehreren Sälen durch die Sitzreihen. Schon als Kind habe er dieses Kino geliebt, sagt er. Das Filmtheater wurde 1999 in die Denkmalliste des Landes Brandenburg eingetragen. 2005 kaufte Zarnoch das Haus, das nach der Wende in den 1990er Jahren geschlossen hatte. Das Gebäude im Jugendstil wurde nach dem Kauf aufwendig saniert, ein neuer Gebäudeteil mit Kinosälen kam hinzu, so dass das Kino »Weltspiegel« seit 2011 Historisches mit Modernem verbindet.

Zarnoch berichtet, dass sich während der Sanierung allerdings abzeichnete, dass sich die Baukosten erhöhen würden und die Kredite nicht ausreichen. Das sei auch der Grund gewesen, warum das Kino »Weltspiegel« im Herbst 2014 Insolvenz anmeldete, sagt der Inhaber.

Der Betrieb lief seither weiter. Zu Spitzenzeiten seien jährlich bis zu 100 000 Zuschauer gekommen, sagt Zarnoch. Im vergangenen Jahr seien es weniger gewesen. Vor allem bei älteren Cottbusern sei das Kino beliebt. »Der große Saal hat sich nicht wesentlich verändert, viele kommen mit ihren Enkelkindern hierher«, betont Zarnoch. Kulturministerin Martina Münch (SPD), die selbst in Cottbus lebt, sagt über das Kino: »Als architektonisch eindrucksvolles und liebenswertes Filmhaus und als besonderer Ort für Festveranstaltungen ist er für die Stadt sehr bedeutsam.«

Als das Kinematographentheater »Weltspiegel« am 4. Oktober 1911 mit rund 800 Sitzplätzen eröffnete, gab es in der Stadt schon länger Interesse für die Welt des Films. Nach Angaben des Stadtmuseums hatten einige Jahre zuvor schon zwei andere Kinos eröffnet, die es heute nicht mehr gibt. Ende des 19. Jahrhunderts hatte es mit Panorama-Schaukästen bereits Vorläufer gegeben. Sie waren zum Beispiel im Haus eines Cottbuser Eisenhändlers, in einem Hotel und in einem Bierhaus untergebracht, wie das Museum mitteilt. Auch auf Jahrmärkten gab es Wander-Kinos.

Durch die Zwangsversteigerung wird möglicherweise bald klar sein, ob es das Kino »Weltspiegel« weiter geben wird. dpa

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