Filmpiraten feiern Erfolg

Thüringer siegen gegen Österreichs Rechtspopulisten

  • Sebastian Haak, Erfurt
  • Lesedauer: 3 Min.

In einem seit fast drei Jahren schwelenden, manchmal fast schon bizarren Rechtsstreit haben sich die Thüringer Filmpiraten nun endgültig vor dem Obersten Gerichtshof Österreichs gegen die rechtspopulistische Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) durchgesetzt. Das Gericht hat eine außerordentliche Revision zurückgewiesen, mit der die FPÖ ein zugunsten der Filmpiraten ergangenes Urteil angefochten hatte. In seiner Urteilsbegründung weist der Gerichtshof alle entscheidenden Argumente der FPÖ für eine juristische Neubewertung des zuletzt ergangenen Urteils zurück. »Nachdem die Nachricht eingetroffen ist, sind die Sektkorken in unserem Büro durch die Luft geflogen«, sagte Jan Smendek, der dem Vorstand der Filmpiraten angehört. »Nach so viel Stress der letzten Jahre ist das jetzt eine unglaubliche Erleichterung.« Trotzdem bleibt das endgültige Ende dieser Geschichte offen.

Der Streit zwischen den Filmpiraten und der FPÖ geht nach Angaben Ersterer auf zwei Videobeiträge aus dem Jahr 2014 zurück, in denen die Thüringer über den Prozess gegen einen Jenaer Studenten berichtet hatten, der in Österreich festgenommen worden war, als er gegen den Wiener Akademikerball protestierte. Zu dieser Veranstaltungen waren auch zahlreiche Gäste aus dem rechten politischen Spektrum gekommen. Nach Angaben der Filmpiraten hatten die FPÖ dann Teile dieser Videobeiträge »umfangreich und ungefragt« für eine eigene Berichterstattung auf dem Kanal FPÖ-TV benutzt - weshalb die Filmpiraten eine Unterlassungserklärung und Abmahnung an die FPÖ schickten, mit der sie die Rechtspopulisten aufforderten, das Videomaterial nicht zu verwenden.

Dann wurde es bizarr: Die FPÖ klagte wegen dieser Abmahnung gegen den in Erfurt ansässigen Verein, dessen Mitglieder seit langem dort mit ihren Kameras auftauchen, wo rechtes Gedankengut jeder Art zu filmen ist. Für diese Arbeit erhielt der Verein 2015 den Thüringer Demokratiepreis.

Mit dem Urteil des Obersten Gerichtshofs in Wien steht nun fest, dass die Vorwürfe der FPÖ gegen die Filmpiraten, diese hätten falsche Behauptungen über die Partei verbreitet, rechtlich nicht zu halten sind. Womit nach Angaben von Smendek aber noch nicht abschließend geklärt ist, was eigentlich mit der Urheberrechtsverletzung ist, die das alternative Filmprojekt gegenüber der FPÖ geltend macht. »Durch den Youtube-Kanal FPÖ-TV wird weiterhin ungefragt das Videomaterial unseres Filmvereins verwendet«, sagt Smendek. Ob die Filmpiraten nun versuchen werden, den vor etwa drei Jahren geltend gemachten Unterlassungsanspruch gegenüber der FPÖ gerichtlich durchzusetzen, lässt er offen. »Wir werden jetzt innerhalb des Vereines unser weiteres Vorgehen besprechen.« Am Ende wird das auch eine Geldfrage sein. Eine solche rechtliche Auseinandersetzung würde nicht billig.

Schon die Abwehr der FPÖ-Klage hatte den Verein, der anders als die Rechtspopulisten nur über sehr eingeschränkte finanzielle Mittel verfügt, an den Rand des Ruins getrieben. Nur mit Hilfe von Spenden hatten die Filmpiraten dieses Auseinandersetzung überleben können.

Der jüngste juristische Erfolg des Vereins zeigt, dass die Filmpiraten in solchen Auseinandersetzungen durchaus zu siegen wissen: Im Sommer 2016 gewannen sie einen Prozess gegen einen Polizisten aus Sachsen, der während der Blockupy-Proteste 2013 in Frankfurt am Main eine Kamera des Vereins beschädigt hatte. 2000 Euro musste der Beamte nach einer Entscheidung eines Amtsgerichts an die Thüringer zahlen.

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