Digital abgezockt

Verbraucherzentrale warnt vor leichtfertiger Preisgabe persönlicher Daten beim Onlinekauf

Kalt und zugig ist es am Montagmorgen auf der Babelsberger Straße am Potsdamer Hauptbahnhof. Die Verbraucherzentrale öffnet ihre Tür für Ratsuchende eigentlich erst um 10 Uhr. Doch zwei Senioren dürfen zehn Minuten früher rein, schon einmal Platz nehmen, sich aufwärmen. Am Tresen klingelt das Telefon. Bürger bitten um Termine, hier in der Zentrale oder in einer der zwölf anderen Beratungsstellen im Land Brandenburg. Um 10 Uhr kommt ein Mann, der Auskunft zu seiner Altersvorsorge mittels Riester-Rente begehrt. Bei seinem Gespräch ist Staatssekretärin Anne Quart mit dabei. Im Potsdamer Justizministerium kümmert sie sich um die Europapolitik und den Verbraucherschutz. Darum hospitiert sie heute in der Verbraucherzentrale Brandenburg (VZB).

An diesem Mittwoch ist Weltverbrauchertag. Eigentlich müsste 365 Tage im Jahr Verbrauchertag sein, findet VZB-Geschäftsführer Christian A. Rumpke. Seine Einrichtung bietet deswegen zumindest eine Aktionswoche an. Bis zum 17. März sind für die unterschiedlichen Beratungen nicht die sonst vorgeschriebenen Gebühren zu zahlen, die bei fünf Euro beginnen und bis zu 150 Euro reichen, wenn es etwa um die Begutachtung eines Kaufvertrags für ein Grundstück geht. Stattdessen sollen die Kunden geben, so viel oder so wenig sie möchten beziehungsweise was sie für angemessen halten.

So eine Aktionswoche veranstaltete die VZB bereits im vergangenen Jahr. Dabei stellte sich heraus, dass zwar eine Menge Schnäppchenjäger vorbeischauten und nur ein paar Euro hinlegten, dass aber andere so dankbar für die geleistete Hilfe waren, dass sie sogar mehr gaben als sie sonst gemusst hätten. Unter dem Strich nahm die Verbraucherzentrale ungefähr so viel ein wie immer.

57 Mitarbeiter sind über das Land verteilt im Einsatz. Das Justizministerium zahlt einen Zuschuss von 1,7 Millionen Euro im Jahr plus zusätzliche Mittel für verschiedene Projekte wie die Ernährungs- und die Flüchtlingsberatung. Knapp zwei Millionen Euro kommen so zusammen. Im Rahmen des Weltverbrauchertags möchte die VZB diesmal insbesondere über digitales Bezahlen aufklären. Immer mehr Menschen bestellen in einem immer größeren Umfang im Internet Waren und Dienstleistungen. Außerdem ist es bei vielen Onlinespielen für Mobiltelefone und Computer üblich, dass Fähigkeiten der Spielfiguren oder ein schnelleres Erreichen des nächsten Levels gegen Geld angeboten werden. Kindern sei dies oft nicht klar und sie geben dann ungewollt geringe Beträge aus, die sich aber schnell auf 100 bis 150 Euro summieren können, warnt Michéle Scherer, VZB-Referentin für den Bereich Digitale Welt.

»In unserer Beratung sehen wir täglich, dass beim digitalen Bezahlen noch viele Probleme bestehen«, erklärt Geschäftsführer Rumpke. »Verbraucher verlieren zum Beispiel ihr Geld, weil sie ›Fake-Shops‹ per Vorkasse bezahlen. Oder sie entdecken unbekannte Abbuchungen auf ihrer Mobilfunkrechnung, da unlautere Drittanbieter Kosten für vermeintliche Abos über die Rechnung einziehen lassen.«

Für Staatssekretärin Quart ist die Verbraucherzentrale ein Seismograph, der auf aktuelle Entwicklungen aufmerksam mache. Das Ministerium nutze dies, um herauszufinden, welche Probleme für Verbraucher relevant sind und auf politischer Ebene angegangen werden müssen.

VZB-Geschäftsführer Rumpke ergreift die Gelegenheit, drei Forderungen anzubringen. Erstens: Bezahlen im Internet sollte kostenlos sein. Beim Buchen von Flugtickets verlangen Internetportale schnell mal 15 bis 20 Euro, was ein »absurder Zustand« sei, den Kunden jedoch angesichts des hohen Betrags für die Flugreise nicht ins Auge springe. Zweitens: Bezahlt werden solle grundsätzlich erst einmal nur mit Geld und nicht zusätzlich mit persönlichen Daten. »Daten sind das Geld des 21. Jahrhunderts, man zahlt auch mit Daten«, erläutert Rumpke. Er nennt Auskünfte über Essgewohnheiten und Aufenthaltsorte, betont aber, dass Unternehmen nicht mit diesem Wissen Kasse machen dürften, wenn der Kunde dies nicht wolle. Drittens: Beim Bezahlen im Internet sollte es keine Marktkonzentration auf einige wenige Anbieter geben.

An der Stelle wird Staatssekretärin Quart hellhörig. Wenn sich bereits Monopolstellungen herauskristallisieren, würde sie dies gern sofort wissen, um gegenzusteuern. Doch konkrete Erkenntnisse kann die VZB im Moment noch nicht vorlegen.

Verbraucherzentrale Brandenburg, Babelsberger Straße 18 in Potsdam, Mo. bis Fr. von 10 bis 18 Uhr, Tel.: (0331) 98 22 99 95, www.vzb.de

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