Mangelnde Höflichkeit und Etikette

Sprache im Internet

  • Lesedauer: 2 Min.

Rainer Erlinger, bekannt durch seine Kolumne »Die Gewissensfrage« im Magazin der »Süddeutschen Zeitung«, hält die Umgangsformen im Internet für »grauenvoll«. Das Problem dabei sei, dass den meisten Nutzern nicht bewusst sei, dass hinter der Tastatur und dem Bildschirm ein Mensch sitze, sagte Erlinger dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Rande einer Lesung in Regensburg. »In dem Moment, in dem man Kameras oder Webcams installiert, sodass man die Augen sehen kann, nimmt die Zahl der unhöflichen Postings rapide ab.« Das sei auch durch wissenschaftliche Untersuchungen bekräftigt worden, betonte der Kolumnist, Jurist und Mediziner.

Erlinger zufolge hat Höflichkeit im 21. Jahrhundert nichts mehr mit Etikette zu tun. »Höflichkeit ist etwas, das ich jedem Menschen zukommen lasse, um ihm zu zeigen, dass ich ihn wahrnehme, achte und respektiere.« Höflichkeit ermögliche einen gesitteten Umgang miteinander, »auch dann noch, wenn man sich nicht mag oder widerstreitende Interessen hat«.

Etikette und Benimmregeln dagegen seien auch soziale Abgrenzungsmittel, so Erlinger weiter. »Etikette kann ein gewalttätiges Mittel sein, weil über denjenigen, der nicht den richtigen Anzug trägt, nicht die Krawatte richtig binden kann, leicht die Nase gerümpft wird von denjenigen, die es können.«

Rainer Erlinger hat mehrere Bücher über Moral und Höflichkeit verfasst. Pro Monat erhält er bis zu 100 Zuschriften von Lesern, die ihn nach seiner Meinung zur Alltagsmoral befragen. epd/nd

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