Doppik oder Kameralistik?

Im Nordosten streitet die Regierung über Buchführung

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Schwerin. Die geplante Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen dem Land Mecklenburg-Vorpommern und seinen Kommunen sowie zwischen den Kommunen untereinander sorgt für Zündstoff in der rot-schwarzen Regierung. Ein Vorstoß von Landesfinanzminister Mathias Brodkorb (SPD) gegen die erst vor fünf Jahren eingeführte doppelte Buchführung (Doppik) in den Kommunen hat Irritationen im CDU-geführten Innenministerium hervorgerufen. »Die Einführung der Doppik geht auf einen Beschluss der Innenministerkonferenz aus dem Jahr 2003 zurück, der auch von den kommunalen Verbänden in Mecklenburg-Vorpommern unterstützt wurde«, sagte eine Ministeriumssprecherin. »Ich bitte um Verständnis, dass Innenminister Lorenz Caffier Äußerungen seines Ministerkollegen nicht öffentlich kommentiert.«

Brodkorb verteidigte seinen Vorschlag. »Ich bin zurzeit mit vielen Gemeindevertretern im Gespräch. Dabei wird von den meist ehrenamtlich Aktiven immer wieder deutlich gemacht, dass sie mit der Doppik überfordert sind«, sagte er der dpa. Auch sei die vom Land erhoffte Steuerungswirkung nicht eingetreten. »Als Landesregierung sollten wir die Stimmen der kommunalen Ebene daher sehr ernst nehmen und bei der Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs die Doppik nicht aus dem Blick verlieren.«

Die in Wirtschaftsunternehmen bekannte doppelte Buchführung war im Jahr 2012 für die Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern eingeführt worden, um deren Vermögenslage transparenter darstellen zu können. Bis dahin war im öffentlichen Bereich die Kameralistik als Art der Buchführung über die Einnahmen und Ausgaben verbreitet.

Bei der Kameralistik werden die tatsächlichen Zahlungsströme und Einnahmen und Ausgaben erst dann erfasst, wenn sie tatsächlich getätigt werden. Bei einer doppelten Buchführung hingegen kann auch schon das Erstellen einer Rechnung einen Einfluss auf die Bilanz haben - zum Beispiel das Erstellen eines Gebührenbescheides. Der Zahlungseingang ist ein separater Buchungsvorgang. Gleiches gilt für eingehende Rechnungen und deren Zahlung.

In der »Schweriner Volkszeitung« hatte sich Minister Brodkorb als »großer Freund der Kameralistik« geoutet. Die Doppik in den Kommunen mache für ihn keinen Sinn, zitierte ihn das Blatt. Haushaltspläne mit mehr als 100 Seiten seien keine Seltenheit und für ehrenamtliche Gemeindevertreter auch nicht mehr zu durchschauen. In den Verwaltungen sei zu viel Zeit und Geld für die Ausarbeitung gebunden.

Während sich der Städte- und Gemeindetag zunächst nicht in die Diskussion einschalten wollte, sprach sich die oppositionelle Linke im Landtag gegen eine Rolle rückwärts aus. »Alle haben nun umgestellt, wieder umzukehren wäre mit riesigem Aufwand und zusätzlichen Kosten verbunden«, warnte die finanzpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Jeannine Rösler. Allerdings sollte die doppelte Buchführung für die Kommunen vereinfacht werden. Vorschläge der kommunalen Ebene dazu lägen vor, sagte die Politikerin, die zugleich vor einer Verschiebung der Neufassung des kommunalen Finanzausgleichs warnte. »Versprochen war als Zeitpunkt der 1. Januar 2018, das muss eingehalten werden.«

Der Streit um Doppik und Kameralistik ist für Rösler nur ein Nebenkriegsschauplatz. Das eigentliche Problem sei aus ihrer Sicht, dass die SPD/CDU-Regierung die grundlegende Neuregelung der Finanzbeziehungen nicht auf die Beine kriege, sagte sie. dpa/nd

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