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Erlebnisorientiert

Lexikon der Bewegungssprache

  • Lesedauer: 1 Min.

Früher, zum Beispiel am 1. Mai in Kreuzberg, flogen Steine für die Revolution. Heute fliegen keine mehr. Dazwischen gab es wenige Jahre, in denen zwar ein paar Steine flogen, aber die Werfer von auswärts kamen - also zwar aus Berlin, aber nicht aus der Szene. Es waren meist junge Männer, die noch nicht wussten, dass keine Steine mehr für die Revolution flogen. Die nannte die Polizei erlebnisorientiert, und das steht für ein eher schlichtes Gemüt, Mitläufertum und natürlich reinen Spaß am Krawall. Auch Linke benutzten den Begriff, wenigstens zum Spaß. Manche allerdings abfällig, weil sie insgeheim der Meinung waren, es gebe keinen anderen Grund, Steine zu werfen, als für die Revolution. Einige wenige benutzten ihn sogar quasi ein bisschen selbstkritisch, weil sie bei sich eine gewisse Orientierung auf Erlebnisse verspürten, nur eher so passiv, als Zuschauer. Tatsächlich ist bis heute nicht endgültig geklärt, warum die Steinewerfer von auswärts Steine warfen. Denn vorher waren sie bei keinem Vorbereitungstreffen, und nachher suchte die Polizei sie wie einst RAF-Terroristen mit Fahndungsplakaten, fand sie und steckte sie in den Knast. Auszuschließen ist nicht, dass Wut, Frust und Spuren von politischem Bewusstsein im Spiel gewesen sein könnten. rst

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