Le Pen attackierte Macron mit einer »Fake News«

Wie Gerüchte über ein angebliches Offshore-Konto des Ex-Wirtschaftsministers auf den Bahamas dem Kandidaten im Wahlkampf schaden sollten

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Zeitpunkt für die Verbreitung des Gerüchts war zielgerichtet gewählt: Kurz vor der finalen TV-Debatte im französischen Präsidentschaftswahlkampf verbreitete ein anonymer Nutzer des Onlineforums »4chan« das Gerücht, Emmanuel Macron besitze im Steuerpardies auf den Bahamas angeblich ein Offshore-Konto. Wenige Tage vor der Wahl am Sonntag wäre solch eine Meldung eine Steilvorlage für die rechtsradikale Kandidatin Marine Le Pen und ein Desaster für Macron, der in den Umfragen zwar führt, aber für einen sicheren Sieg auf die Stimmen des linken Lagers angewiesen ist. Die Skepsis manches potenziellen Wählers gegenüber dem französischen Ex-Wirtschaftsminister könnte wachsen, bliebe von dem Gerücht bis zum Sonntag etwas an Macron kleben.

Le Pen jedenfalls nahm die Spekulation im TV-Duell dankbar auf: »Ich hoffe, dass man nicht herausfinden wird, dass Sie ein Offshore-Konto auf den Bahamas haben«, erklärte sie am Mittwochabend vor einem Millionenpublikum. Die Chefin des Front National war klug genug, sich den Vorwurf nicht direkt zu eigen zu machen, sondern ihn gezielt als ungeklärte Frage in den Raum zu stellen.

Zwei angebliche Dokumente (hier und hier), die Macrons Offshore-Konto belegen sollen, wurden von den französischen Ermittlungsbehörden als Fälschung eingestuft. Deutlichster Beleg: Eines der Dokumente enthält eine gefälschte Unterschrift des Präsidentschaftskandidaten.

Wie die US-Nachrichtenwebsite heatst.com berichtet, versuchen die Ermittler nun herauszufinden, wer die Fälschungen ins Internet hochgeladen hat. Da die betreffenden Serveranbieter allerdings keine Datenprotokolle ihrer Nutzer erstellen, könnte sich die Suche als kompliziert herausstellen. Das erklärt auch, warum Macron am Donnerstag Strafanzeige unter anderem wegen »Fälschung« und »Verbreitung einer Falschnachricht« gegen Unbekannt stellte. Die Pariser Staatsanwaltschaft leitete daraufhin Vorermittlungen ein.

Aus Marcons Umfeld hieß es, die »Fake News« sei zunächst vor allem von umstrittenen russischen Websiten wie »Russia Today« und »Sputnik« verbreitet worden. Der Kandidat warf seiner Konkurrentin Le Pen am Donnerstag vor, »Lügen« und »Fake News« zu verbreiten, die von Internetseiten mit teilweise »russischen Interessen« stammten. Belege, ob der oder die Urheber aus Russland stammen, gibt es allerdings keine.

Sicher ist nur: Im französischen Präsidentschaftswahlkampf spielen »Fake News« eine riesige Rolle. So kam eine Studie des Oxford Institutes der gleichnamigen Universität Ende April zu dem Ergebnis, dass sich jede vierte Twitternachricht von französischen Nutzern zur Wahl letztlich als »Fake News« herausstellte. Besonders betroffen von der Falschnachrichtenflut ist übrigens Macron.

Auch bei Facebook spielt sich die virtuelle Stimmungsmache ab. Am Donnerstag meldete der Tech-Konzern, bereits 30.000 Fake-Accounts im Zusammenhang mit der Präsidentschaftswahl auf seinem sozialen Netzwerk gesperrt zu haben.

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