Plakat mit Aufschrift »Nazi-Kiez« ist als Wahlwerbung erlaubt

Verwaltungsgericht Dortmund erklärt eine umstrittene Parole der Neonazi-Partei »Die Rechte« für zulässig

  • Sebastian Weiermann
  • Lesedauer: 3 Min.

Ein nordrhein-westfälisches Verwaltungsgericht hat vor einigen Tagen festgestellt, dass es sich bei Plakaten mit der Aufschrift »Nazi-Kiez Dorstfeld« um Wahlwerbung handelt. Die Stadt Dortmund hatte eine Ordnungsverfügung gegen die Plakate verhängt und schon 25 davon abgehangen. Die Partei »Die Rechte« hatte dagegen Beschwerde eingelegt. Die Strategie der Neonazis, das Verbot von Nazi-Symbolen und -inhalten schrittweise aufzuweichen, zeigt nun Wirkung.

Im Beschluss des Gerichts geht es, wie es im trockenen Juristendeutsch heißt, um das »Straßen- und Wegerecht« und ein »Einschreiten gegen Sondernutzung/Wahlwerbung«. Die Richter stellen fest, dass »Die Rechte« dazu berechtigt ist, im Wahlkampf Plakate aufzuhängen. Inhaltlich hatte die Stadt Dortmund argumentiert, die Neonazis betrieben einen »Raumkampf« im Stadtteil und die Plakate gingen mit Graffiti und Aufklebern gleichen Inhalts einher. Außerdem würden sich viele Bewohner von Dorstfeld durch die Plakate gestört fühlen, da sie damit als Bewohner eines rechten Stadtteils dargestellt würden.

Das Gericht gab zwar zu, dass ihm die Situation in Dorstfeld und der Versuch von Neonazis, den Stadtteil für sich zu reklamieren, bekannt sei. Es gebe zwar Störungen und Provokationen im Stadtteil durch die Rechten, erklärte das Gericht. Die Plakate seien aber, egal ob sie »mehrheitsfähig oder noch von der freiheitlich demokratischen Grundordnung« gedeckt seien, ein zulässiges Mittel im Landtagswahlkampf. Der Bezug zum Wahlkampf sei eindeutig. Eine »isolierte Würdigung einzelner textlicher oder bildlicher Elemente des Plakates« verbiete sich.

Das Verwaltungsgericht in Gelsenkirchen urteilte auf einer rein technischen Ebene und bewertete weder den Inhalt des Plakates, noch andere Aktivitäten von »Die Rechte«. Anhänger der Partei tragen sonst gerne mal ein Transparent mit der Buchstabenfolge »HTLR« (Hitler) oder »HKNKRZ« (Hakenkreuz). Zu Wahlen tritt die Partei stets mit einem »25-Punkte-Programm« an, wie es die NSDAP ab 1920 tat. Diese Beispiele und noch mehr wollten die Richter offensichtlich nicht in ihr Urteil einbeziehen. Alle diese Fälle sind juristisch allerdings auch nicht eindeutig. So könnten die Abkürzungen unter anderem auch für etwas Anderes stehen. Die 25 ist zunächst nur eine Zahl.

Bei den Plakaten ist das anders. Die Partei »Die Rechte« reklamiert für sich einen »Nazi-Kiez«, bezeichnet die Mitglieder der Partei also selbst als Nationalsozialisten. Die Partei wird immer offensiver in ihren Bezugnahmen auf den Nationalsozialismus. Dahinter steckt eine Strategie: Christian Worch, Bundesvorsitzender der »Rechten« und jahrzehntelang in der Nazi-Szene aktiv, sagte schon vor über 20 Jahren in einem Interview, eines seiner Hauptziele sei die Wiederzulassung der NSDAP als Wahlpartei in Deutschland. Soweit ist es zwar noch längst nicht, aber »Die Rechte«, mit Dortmund als Modellstadt, arbeitet an der Aushöhlung der Verbote von NS-Symbolen und -Inhalten. In die Hände spielt den Nazi-Strategen auch, dass sie seit dem gescheiterten NPD-Verbot quasi Narrenfreiheit besitzen. Das Bundesverfassungsgericht stellte fest, dass Verfassungswidrigkeit erst ab einer größeren politischen Relevanz einen Verbotsgrund darstellt. Es ist in Deutschland derzeit also faktisch unmöglich, Nazi-Parteien zu verbieten.

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