Obamacare noch nicht sicher tot

Trumps Frohlocken nach dem Votum im Repräsentantenhaus könnte sich als verfrüht erweisen

  • Michael Mathes, Washington
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Abgeordneten der ersten US-Parlamentskammer stimmten am Donnerstag (Ortszeit) mit 217 zu 213 Stimmen für die Rücknahme der als Obamacare bekannten Reform. Präsident Donald Trump sagte im Rosengarten des Weißen Hauses, Obamacare sei »im Prinzip tot«, aber im Senat ist die Mehrheit nicht sicher.

Seit Jahren laufen die Republikaner gegen Obamacare Sturm, Trump versprach im Wahlkampf, Obamacare abzuschaffen. Sie sind gegen eine staatlich angeordnete Krankenversicherungspflicht und gegen Milliarden-Subventionen in das Versicherungssystem.

Allerdings gibt es unter den Republikanern dennoch widerstreitende Meinungen über die künftige Gestaltung der Krankenversicherung. »Das vorliegende Gesetz ist unzureichend«, sagte der republikanische Senator Dean Heller. »Wir brauchen Versicherungen, die Menschen mit Vorerkrankungen schützen.« Der Republikaner Lamar Alexander, der im Senat den Gesundheitsausschuss leitet, kündigte an, dass das Gesetz überarbeitet werden müsse. Dabei werde der Senat sich »Zeit lassen, um es richtig hinzukriegen«.

»Wir werden das durch den Senat kriegen«, sagte Trump. »Ich bin sehr zuversichtlich.« Gegen die Abschaffung von Obamacare stimmten sämtliche Abgeordnete der Demokratischen Partei und rund 20 republikanische Parlamentarier.

Im März war ein erster Gesetzentwurf für eine Gesundheitsreform gescheitert. Viele Republikaner lehnten das Nachfolgemodell für Obamacare ab, sodass die Vorlage kurz vor der geplanten Abstimmung zurückgezogen werden musste.

»Dieses Gesetz liefert, was wir dem amerikanischen Volk versprochen haben«, sagte der Sprecher des Repräsentantenhauses, der Republikaner Paul Ryan. »Viele von uns haben sieben Jahre darauf gewartet, diese Stimme abzugeben.« Das »gescheiterte Experiment« Obamacare müsse beendet werden.

Nach dem Votum applaudierten die Republikaner, demokratische Abgeordnete machten ihrem Unmut durch laute Rufe Luft.

Die Demokraten argumentieren, dass durch Obamacare 20 Millionen zuvor unversicherte US-Bürger eine Gesundheitsversicherung erhalten haben. Das Gesundheitssystem habe Tausende Menschenleben gerettet, weil es Versicherungen gemäß Obamacare nicht länger erlaubt war, Versicherte mit Vorerkrankungen abzulehnen.

Die Fraktionschefin der Demokraten im Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, prophezeite den Republikanern wegen der Abschaffung von Obamacare Niederlagen bei künftigen Wahlen. Mit diesem Gesetz hätten sich die Republikaner von einer gemäßigten zu einer »radikalen« Partei verändert, fügte Pelosi hinzu.

Die demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton, die Trump bei der Wahl im November unterlag, bezeichnete das Votum im Repräsentantenhaus als ein »schändliches Versagen«. Sie rief die Demokraten auf, den Beschluss »im Namen von Millionen Familien zu bekämpfen«.

Der US-Medizinerverband AMA hatte vor der Abstimmung im Abgeordnetenhaus gewarnt, Millionen von Amerikanern drohten mit dem Gesetz ihre Versicherung zu verlieren. Die Parteiführung der Republikaner zog aber skeptische Abgeordnete mit der Zusage auf ihre Seite, in den kommenden fünf Jahren acht Milliarden Dollar zusätzlich bereitzustellen, um die Versicherungskosten für Menschen mit Vorerkrankungen abzudecken. AFP

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal