Beratung häufig nicht bedarfsgerecht

Sachsen-Anhalt: Neue Bilanz der Verbraucherzentrale

  • Lesedauer: 2 Min.

Halle. Eine Agentur schwatzt einem 81-Jährigen seit 15 Jahren Verträge auf. Er hat allein fünf Unfallversicherungen. Dafür kassiert der Berater der Agentur Provision. Für den Mann geht ein Fünftel seiner Rente dafür drauf. Kein Einzelfall, warnen Verbraucherschützer: Mehr als 106 000 Menschen suchten 2016 Rat und Unterstützung bei der Verbraucherzentrale in Sachsen-Anhalt. Dabei ging es überwiegend um den Abschluss von Verträgen, vor allem für Versicherungen, Spareinlagen, die Altersvorsorge, Abonnements sowie unberechtigte Inkassoforderungen. Dies geht aus dem Jahresbericht für 2016 hervor, der in dieser Woche in Halle vorgestellt wurde.

Weitere 135 000 Sachsen-Anhalter suchten demnach im vergangenen Jahr via Internet Hilfe bei Experten der Verbraucherzentrale. Ein neues Thema für die Verbraucherschützer sind die sogenannten Fake-Shops, die von Verbrauchern via Internet vorab Geld kassieren, aber anschließend keine Ware liefern.

Der Finanzmarkt war den Angaben zufolge der Schwerpunkt in der Beratungstätigkeit. »Die Menschen sorgen sich vor allem um ihr Geld«, sagte Volkmar Hahn, Geschäftsführer der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt. Unseriöse Geschäftsgebaren bei Verträgen mit Single- und Freizeitclubs, Fitnessstudios sowie für Energie sorgten ebenfalls für viel Arbeit. Vielfach werde bei Vertragsabschlüssen die Arglosigkeit von Verbrauchern ausgenutzt. Die Verbraucherzentrale prüfte die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Anbieter und ging gegen jene juristisch vor, die von den gesetzlichen Vorgaben zum Nachteil der eigenen Kunden abwichen.

Hahn sagte, die Qualität der Finanzberatung in Deutschland sei aus Sicht der Verbraucherzentrale unzureichend. »Statt um eine bedarfsgerechte Beratung geht es häufig vor allem um das Provisionsinteresse des Beraters.« Kreditinstitute drängten Kunden aus sicheren Anlagen und verkauften stattdessen Finanzprodukte mit hohen Kosten und geringer Rendite. »Viele Verbraucher wissen auch gar nicht, was sie an Verträgen in ihren Schubladen und Mappen haben.«

Zu den Dauerbrennern in der Beratung der Verbraucherschützer in Sachsen-Anhalt gehören 2016 Nahrungsergänzungsmittel, etwa Vitaminpillen und Schlankheitsmittel. Anfang 2017 wurde dafür das Onlineportal »Klartext« eingerichtet. »Innerhalb von 100 Tagen gingen 500 Anfragen von Verbrauchern ein«, sagte Christa Bergmann, Leiterin des Referats Lebensmittel/Ernährung. dpa/nd

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