Unwetter, Hagel und Tornado: Zwei Tote

Bahnverkehr im Norden lahmgelegt - immer noch Ausfälle / Großveranstaltungen unterbrochen / Örtlich halber Meter Wasser auf den Straßen / Bei der Feuerwehr »Mann und Maus« in Bewegung

  • Lesedauer: 5 Min.

Berlin. Ein schweres Unwetter hat am Donnerstag mit orkanartigen Sturmböen, Gewittern, Hagel und einem Tornado über dem Norden und Osten Deutschlands gewütet. Mindestens zwei Menschen kamen dabei ums Leben. In den betroffenen Regionen kam der Zugverkehr teilweise zum Erliegen. Am Abend zogen Sturm und Gewitter nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes vom Norden Deutschlands Richtung Osten. Vor allem in Niedersachsen tobte das Unwetter.

Die Lage bei der Bahn

Auch für viele Bahnreisende ging in den betroffenen Gebieten nichts mehr. Umgestürzte Bäume legten beinahe alle ICE-Strecken im Norden lahm. Die Strecken Hamburg-Berlin, Hamburg-Hannover, Bremen-Hannover und Hannover-Wolfsburg-Berlin wurden unterbrochen. Während der Fernverkehr von Hamburg und Hannover nach Berlin am Abend zunächst wieder aufgenommen wurde, blieben die Strecken von Hannover und Bremen nach Hamburg voraussichtlich bis zum Freitagmorgen gesperrt. Auch im Großraum Gießen sowie rund um Magdeburg waren mehrere Bahnstrecken gesperrt. In Hamburg, Hannover, Bremen und Kassel stellte die Bahn Züge mit Schlafwagen bereit, damit gestrandete Fahrgäste die Nacht dort verbringen konnten.

Wegen eines Unwetterschadens auf der Bahnstrecke zwischen Bielefeld und Gütersloh ist der Fernverkehr zwischen Berlin und Düsseldorf seit dem frühen Freitagmorgen unterbrochen. Auch der Regionalverkehr ist betroffen, wie eine Bahnsprecherin sagte. Ein ICE musste seine Fahrt auf der Strecke gegen 3.00 Uhr unterbrechen und wurde später mit einer Diesellok abgeschleppt. Ob die Fahrgäste den Zug zuvor verlassen konnten, war zunächst unklar.

Konzerte unterbrochen

Auch mehrere Großveranstaltungen waren vom Unwetter betroffen: Besucher beim »Hurricane« in Scheeßel bei Bremen flohen kurzzeitig in ihre Autos. Der Veranstalter bat anreisende Gäste, möglichst erst am Freitag zu kommen. »Am Abend und in der Nacht drohen im Norden weiterhin Gewitter mit Hagel und Starkregen«, sagte DWD-Meteorologe Thomas Ruppert. In Hamburg wurde das Konzert von Schlagerstar Andreas Gabalier abgesagt, in Hannover musste der Auftritt der US-Rockband Guns n' Roses unterbrochen werden. Rund 70.000 Fans wurden wegen des schweren Unwetters in die benachbarten Messehallen gebeten. Das Metal-Festival Full Force bei Gräfenhainichen im Osten Sachsen-Anhalts wurde wegen des Unwetters unterbrochen. In Freiberg (Sachsen) wurde das Bergstadtfest am Abend mitten in der Eröffnungszeremonie unterbrochen - es soll erst am Freitag weitergehen, wie die Stadt mitteilte.

Halber Meter Wasser auf den Straßen

In Berlin und Brandenburg tobten ebenfalls Unwetter. Ein Fahrradfahrer ist am späten Donnerstagabend in der Urbanstraße in Berlin unter einem umstürzenden Baum eingeklemmt und verletzt worden, wie die Feuerwehr mitteilte. Die Rettungskräfte mussten ihn befreien und in ein Krankenhaus bringen. Auf einigen Straßen stand das Wasser bis zu 50 Zentimeter hoch. Die Feuerwehr rechnete am Morgen mit weiteren vollgelaufenen Kellern. Auch Flug- und Zugverkehr waren betroffen.

An den Berliner Flughäfen Tegel und Schönefeld kam es in der Nacht zum Freitag erneut zu Flugausfällen und Verspätungen. Die Auswirkungen könnten auch am Freitagmorgen zu spüren sein, teilte die Flughafen Berlin Brandenburg GmbH auf Twitter mit. Am Nachmittag war nach ersten Einschränkungen der Flugverkehr zunächst wieder angelaufen.

Heftige Unwetter sind am späten Donnerstagabend auch über Brandenburg hinweggezogen, haben dort aber verhältnismäßig wenig Schaden angerichtet. Die Polizei musste insgesamt zu 18 Verkehrsunfällen ausrücken, wie ein Sprecher sagte. Sechs Menschen verletzten sich dabei leicht.

Bereits am Donnerstagnachmittag war ein Unwetter über die Region gezogen und hatte die Feuerwehr in Atem gehalten. In Berlin-Kreuzberg war ein Baum auf einen fahrenden Lastwagen gefallen, der Fahrer blieb jedoch unverletzt. In der Wilhelm-Kuhr-Straße in Gesundbrunnen kam es vermutlich durch Blitzeinschlag zu einem Brand im Dachgeschoss eines Seniorenheims. Zwei davon betroffene Menschen konnten in Sicherheit gebracht werden.

Wegen Unwetterschäden und den notwendigen Aufräumarbeiten sollte der Schlossgarten Charlottenburg bis einschließlich Freitag geschlossen bleiben. Im Park hätten vielfach die Kronen und das Geäst von Bäumen gelitten, sagte ein Sprecher der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg am Donnerstag. Das Schloss Charlottenburg ist hingegen weiter für den Besucherverkehr geöffnet.

Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen

Heftige Unwetter sind auch über Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen hinweggezogen. Betroffen war am Donnerstagnachmittag vor allem der Norden von Sachsen-Anhalt. Die Polizei musste zu zahlreichen Einsätzen ausrücken. Bäume stürzten um und Keller liefen voll, wie ein Polizeisprecher in Magdeburg sagte. Am frühen Abend erreichten die Gewitter den Süden des Landes. Größere Schäden habe es aber zunächst nicht gegeben, sagte ein Sprecher der Polizei in Halle. Am Abend sollten weitere Gewitter in Richtung Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen ziehen.

Die Polizeidirektion in Magdeburg berichtete von rund 450 Einsätzen wegen des Wetters. In den nördlichen Landkreisen stürzten zahlreiche Bäume um, manche trafen auch Autos. Es gab mehrere Leichtverletzte, wie ein Polizeisprecher sagte. Bei Letzlingen und in Magdeburg kippten Lastkraftwagen wegen des Windes um. In Gommern (Kreis Jerichower Land) knickte durch den Starkwind die Kirchturmspitze ab. In Magdeburg gab es zudem zahlreiche Stromausfälle. »Mann und Maus sind in Bewegung, um Schäden zu beseitigen«, sagte eine Sprecherin der Stadtwerke.

Die ersten Gewitter wüteten am Donnerstagnachmittag im Norden Sachsen-Anhalts, wie ein Sprecher des Deutschen Wetterdienstes in Leipzig sagte. In Zielitz in der Börde prasselten binnen einer Stunde 34 Liter Regen je Quadratmeter nieder. »Die Niederschläge sind gar nicht so sehr das Dramatische, sondern die Sturmböen.« Am kräftigsten wehten sie mit Geschwindigkeiten knapp unter 100 Kilometern je Stunde in Ummendorf in der Börde sowie in Seehausen in der Altmark. Agenturen/nd

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