Gay-Marsch in Istanbul verhindert

Türkische Polizei stoppte Schwule und Lesben

  • Lesedauer: 2 Min.

Istanbul. Die türkischen Behörden haben die 15. Schwulen- und Lesbenparade in der Metropole Istanbul mit einem großen Polizeiaufgebot verhindert. Nach einem Verbot der Demonstration am Vortag hielten Sicherheitskräfte die Aktivisten am Sonntag davon ab, sich auf der zentralen Einkaufsstraße Istiklal zu versammeln, und setzten in den Seitenstraßen vereinzelt Tränengas ein, wie ein dpa-Reporter berichtete. Nach Angaben der Organisatoren des Marsches feuerte die Polizei auch mit Gummigeschossen auf Demonstranten.

Mehrere Menschen, die trotz Verbots Slogans skandierten, wurden in Polizeigewahrsam genommen. Augenzeugen berichteten, der Korrespondent der Nachrichtenagentur Associated Press (AP), Bram Janssen, sei ebenfalls festgenommen worden. AP-Mitarbeiter bestätigten die Festnahme Janssens, der demnach am späten Sonntagabend noch immer in Polizeigewahrsam war. Die Organisatoren bezifferten die Gesamtzahl der Festnahmen via Twitter auf mehr als 20.

Der Istanbuler Gouverneur hatte die Demonstration für die Gleichberechtigung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender und Intersexuellen (LGBTI) am Sonnabend das dritte Jahr in Folge verboten. Die Behörden erklärten, die Maßnahme gefährde die Sicherheit von Bürgern und Touristen sowie die öffentliche Ordnung. Die Aktivisten hatten dennoch angekündigt, sich gegen Sonntagabend im Zentrum Istanbuls zu versammeln.

Die Polizei sperrte die zentrale Einkaufsstraße Istiklal am Sonntag jedoch großräumig ab und blockierte die Seitenstraßen mit Barrikaden und Fahrzeugen. Aktivisten berichteten der Deutschen Presse-Agentur, sie seien unter anderem aufgehalten worden, weil sie Regenbogen-T-Shirts trugen. Die Regenbogenfahne ist ein Symbol der Schwulen- und Lesbenbewegung.

Die Verhinderung des Gay-Pride-Marsches in Istanbul stieß auf scharfe Kritik. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck erklärte, das Verbot sei ein klarer Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Er forderte die Bundesregierung zum Handeln auf.

Die Parade zum Abschluss der Istanbuler »Pride Week« wird von Aktivisten seit mehr als zehn Jahren organisiert und wurde 2015 erstmals verboten. Damals verwies der Gouverneur der Stadt auf den für Muslime heiligen Monat Ramadan. Dennoch gingen Tausende auf die Straße. Die Polizei setzte Wasserwerfer und Tränengas gegen friedliche Demonstranten ein. In diesem Jahr fiel der Termin der Parade mit einem Feiertag zum Abschluss des Fastenmonats Ramadan zusammen. Die mehrheitlich muslimische Türkei gehört zu den wenigen Ländern in der Region, in denen Homosexualität nicht verboten ist. Allerdings kommt es immer wieder zu Übergriffen auf Schwule, Lesben, Bi- oder Transsexuelle. dpa/nd

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