Facebook-Gesetz: »Schnelligkeit zu Lasten der Gründlichkeit«

Maas rechnet mit Verabschiedung von Gesetz gegen Hass im Netz in dieser Woche / »Reporter ohne Grenzen« plädiert für weitere Beratungen

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Berlin. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) geht davon aus, dass die Koalitionsfraktionen die abschließende Beratung über das Gesetz gegen Hass im Netz noch für diese Woche auf die Tagesordnung des Bundestags setzen. Das Gesetz werde hoffentlich noch in dieser Woche verabschiedet, sagte Maas beim »Journalismusdialog« großer deutscher Verlage am Dienstag in Berlin. Maas betonte erneut, er sei »tief überzeugt« davon, dass die Regelung richtig sei. Laut »Reporter ohne Grenzen« ist der Gesetzentwurf dagegen noch nicht beschlussreif.

Das sogenannte Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) soll künftig Betreiber sozialer Medien wie Facebook, Twitter und Youtube dazu verpflichten, ein wirksames Beschwerdemanagement einzurichten, um strafbare Inhalte wie Beleidigungen, Bedrohungen und Volksverhetzung schneller zu löschen. Das Gesetz ist umstritten. Kritiker werfen Maas vor, die Meinungsfreiheit zu beschneiden. Der Minister argumentierte hingegen, es würden keine neuen Pflichten für die Plattformbetreiber eingeführt. Sie müssten bereits jetzt strafbare Inhalte entfernen. Das Gesetz solle dabei helfen, das durchzusetzen.

Maas äußerte sich überrascht darüber, dass die EU-Kommission kürzlich grünes Licht für das Gesetz gegeben hatte. Er räumte ein, er habe befürchtet, dass die Kommission in Brüssel seinen Plänen »einen Strich durch die Rechnung macht«. Das Gesetz enthalte »Regelungen, die europarechtlich nicht unproblematisch sind«, sagte er. Parallel zum Gesetzgebungsverfahren im Bundestag wurde der Entwurf bei der EU zur Prüfung vorgelegt, um die Vorlage noch vor der Sommerpause, die in der nächsten Woche beginnt, verabschieden zu können.

Nach Ansicht von »Reporter ohne Grenzen« sollte das geplante Gesetz gegen Hass im Netz noch einmal in Ruhe beraten und nicht mehr in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden. Auch nach einigen Änderungen am Entwurf des NetzDG bleibe das Grundproblem ungelöst, erklärte die Journalistenorganisation am Montagabend in Berlin: Durch die kurzen Löschfristen bestehe weiterhin die Gefahr, dass Betreiber sozialer Netzwerke künftig im Zweifel Inhalte lieber zu oft als zu selten entfernten. Unklar sei auch, welche Fälle an die neue Stelle zur Selbstregulierung weitergeleitet werden und nach welchen Kriterien dort über eine Löschung entschieden wird, sagte Geschäftsführer Christian Mihr. »Das Verfahren bleibt letztlich so intransparent wie die bisherige Löschpraxis von Facebook.«

Das Bündnis Deklaration für Meinungsfreiheit, bestehend aus zivilgesellschaftlichen Organisationen, Verbänden und Rechtsexperten appelliert in einer Pressemittlung vom 27.06. ebenfalls an die Große Koalition, das aus ihrer Sicht fragwürdige NetzDG nicht zu verabschieden. In der Kürze der Zeit, die die laufende Legislaturperiode noch andauern wird, sei es nicht gelungen, einen schlüssigen und verfassungskonformen Kompromiss zu erarbeiten, kritisiert das Bündnis. Dem Appell unterstützen unter anderem die Amadeu Antonio Stiftung und Wikimedia Deutschland e.V.

»Diensteanbieter sollten nicht mit der staatlichen Aufgabe betraut werden, Entscheidungen über die Rechtmäßigkeit von Inhalten zu treffen« meint das Bündnis.Un weiter: Mit dem Drängen auf eine schnelle Beratung über das Gesetz würde »Schnelligkeit zu Lasten der Gründlichkeit« gehen. nd/Agenturen

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