Wir haben über ihn geschmunzelt, oft gelacht, aber wir lernten durch ihn auch, ein Stäubchen lachen zu hören. Er ließ Verse fliegen, damit sie Junge kriegen, öffnete manche Banane mit Reißverschluss und schoss die Pfeile des Eros ins Publikum. Zu seinem 50. Bühnenjubiläum vor anderthalb Jahren ließ er im Berliner Theater im Palais geile Geigen kreischen. Seither hat sich Fritz Decho, Großmeister der Kleinkunst, in der Öffentlichkeit rar gemacht. Fünf Jahrzehnte lang hatte er einige Groß- und fast alle Kleinkunstbühnen zwischen Sassnitz und Sebnitz erobert, als Schauspieler, aber vor allem als Spezialist für die kleine, heitere, literarische Form. Er knüpfte an das literarische Cabaret der zwanziger Jahre an, wenn er Texte von Tucholsky, Ringelnatz oder Kästner auf ihren Gebrauchswert für die Gegenwart abklopfte und bewies, dass neue Autoren oft ebenso viel Witz und Hintergründigkeit entfalteten, wie die Vorväter.
Heute, vor siebzig Jahren, wurde Fritz Decho in Leipzig-Möckern geboren. Den blutjungen Debütanten holte Maxim Vallentin schon 1952 von Weimar nach Berlin, wo er am Maxim Gorki Theater, an der Volksbühne mit dem durch ihn legendären Theater im 3. Stock, aber auch an vielen anderen Häusern, wie dem Metropol, dem Friedrichstadtpalast und im Palast der Republik arbeitete. Martin Hellberg hatte ihn zuerst vor die Kamera geholt. Unzählige Filme, u.a. bei Konrad Wolf, Ralf Kirsten, Walter Beck und Werner W. Wallroth, folgten. Am amüsantesten war Decho immer, wenn er in Märchenfilmen (»König Drosselbart«) oder in Mantel- und Degenfilmen neben Manfred Krug (»Mir nach, Canaillen!«) komische Höflinge, wichtigtuerische Haushofmeister oder bornierte Beamte spielte. Seine ernste Seite aber blitzte immer wieder in seinen literarischen Programmen auf.
Zum 70. wünschen wir ihm und uns, dass es seine Gesundheit ermöglicht, ihm bald wieder im Theater zu begegnen. Wenn nicht auf der Bühne, dann mindestens im Parkett, wo Decho ebenso unentbehrlich ist: als begnadeter Anlacher vor dem Herrn!
Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen.
Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf
www.dasnd.de/genossenschaft