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Protesttage vor der Ausländerbehörde

Willkommenskreis Neuhardenberg rügt schikanöse Behandlung der Flüchtlinge im Landkreis Märkisch-Oderland

Rechtswidrig, willkürlich und unerhört sei, wie das Sozialamt Märkisch-Oderland mit Flüchtlingen umgeht. So heißt es in einer Pressemitteilung des Willkommenskreises Neuhardenberg. Seit Monaten verweigere das Sozialamt zahlreichen Geflüchteten die ihnen zustehenden Leistungen. Schriftliche Bescheide, gegen die sich die Betroffenen juristisch wehren könnten, erteile das Sozialamt seit langem nicht mehr. In vielen Fällen seien die Leistungen auf ein Minimum gekürzt und statt Bargeld seien nur noch Gutscheine ausgegeben worden. Warum müssen die Flüchtlinge umständlich nach Seelow fahren? Warum wird das Geld nicht aufs Konto überwiesen, wie es viele andere Landkreise machen und was auch Verwaltungskosten sparen würde? Warum bekommen die Flüchtlinge in Märkisch-Oderland keine elektronische Gesundheitskarte?

Fragen über Fragen und eine lange Liste mit Beschwerden. Am 3., 4. und 6. Juli soll es jeweils von 8 bis 15 Uhr Protesttage vor dem Sozialamt am Eichendamm 14 in der Waldsiedlung von Diedersdorf bei Seelow geben. Dabei will der Willkommenskreis Flüchtlingen die Möglichkeit geben, ihre Situation in einem Fragebogen zu bewerten, Anträge auf die Überweisung ihres Geldes aufs Konto auszufüllen und sich über ihre Rechte zu informieren. In einem vorher leerstehenden Gebäude am Eichendamm 14 hat der Landkreis alle Angelegenheit für Flüchtlinge konzentriert, von der Ausländerbehörde bis zum Sozialamt.

Thomas Berendt, Migrationsbeauftragter und Sprecher der Kreisverwaltung, winkt ab. »Die Umstellung auf Gutscheine betraf nur fünf bis sieben Fälle«, erklärt er. Es sei schon eine Weile her und damals um Flüchtlinge gegangen, die ausreisen sollten und nicht bei der Beschaffung von Papieren mitwirkten oder die sich woanders versteckten, als sie abgeholt und abgeschoben werden sollten. Im Moment werde das nicht mehr gemacht, versichert Berendt, wenngleich er nicht versprechen könne, dass es in Zukunft nicht doch wieder getan werde. Das Sozialamt habe insbesondere in den Jahren 2015 und 2016 nicht genügend Mitarbeiter gehabt, um die seinerzeit 2500 Flüchtlinge in allen damals 18 Asylheimen im Landkreis zur Auszahlung ihres Geldes aufzusuchen. Jetzt wohnen noch knapp 1000 Flüchtlinge in 14 Gemeinschaftsunterkünften. Man werde deshalb bald auch wieder weiter entfernte Unterkünfte aufsuchen können.

Das Sozialamt in der Waldsiedlung sei tatsächlich schlecht an den Busverkehr angebunden, bestätigt der Migrationsbeauftragte. Man habe deswegen schon die Öffnungszeiten angepasst. Doch sei das auch eine Frage der Gleichbehandlung der Flüchtlinge mit den Sozialhilfeempfängern, »die wir auch nicht zuhause aufsuchen«.

»Wir freuen uns, wenn keine Gutscheine mehr ausgegeben werden«, reagiert Martin Hollants vom Willkommenskreis Neuhardenberg. »Aber die Behandlung der Flüchtlinge ist insgesamt respektlos und schikanös.« Es gebe viele Gründe, an den Protesttagen festzuhalten. So benötigten Rechtsanwälte, wenn sie einen Asylbescheid anfechten wollen, dringend die schriftliche Leistungsbescheide, um Prozesskostenhilfe beantragen zu können.

Berendt betrachtet den Streit nach eigenem Bekunden nüchtern. »Solche Dinge haben das Potenzial, die Fronten zu verhärten«, bedauert er. Verhärtete Fronten wolle er nicht.

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