Preise für gebuchte Reisen können künftig um bis zu acht Prozent steigen

Neues Reiserecht beschlossen

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Voraussetzung für Erhöhungen, etwa wegen gestiegener Flughafengebühren, ist weiterhin, dass diese Option im Reisevertrag vorgesehen ist. Ein Reiserücktrittsrecht hat der Kunde bei einer Preiserhöhung künftig nur, wenn diese höher ausfällt als acht Prozent - und der Veranstalter sie deshalb nicht einfach so durchsetzen kann. Anders als bisher kann der Preis für Pauschalreisen grundsätzlich aber auch sinken, wenn der Reisende etwa niedrigere Wechselkurse nachweisen kann.

Wer beispielsweise eine Tagesreise unternimmt oder ein Ferienhaus bucht, ist künftig also nicht mehr durch das deutsche Pauschalreiserecht geschützt. Als Tagesreisen gelten Reiseleistungen, die weniger als 24 Stunden dauern und keine Übernachtung beinhalten. Durch den Ausschluss dieser Leistungen aus dem Pauschalreiserecht gehen Verbrauchern etwa Rechte auf Zurückzahlung von Anzahlungen verloren, wenn der Veranstalter insolvent ist. Verbraucherschützer hatten diese Änderung im Vorfeld heftig kritisiert.

Das neue Gesetz bietet für Verbraucher aber auch Vorteile. Der Gewährleistungszeitraum wird verlängert: Bei Mängeln können Reisende ihre Ansprüche künftig zwei Jahre lang geltend machen. Bisher war das nur bis zu einem Monat nach der Rückkehr von der Reise möglich.

Auch wer sich über ein Internetportal oder im Reisebüro ein individuelles Paket aus Flug, Hotel und Mietwagen zusammenstellt, soll mit dem neuen Gesetz besser geschützt werden. Entgegen der Annahme, dass es sich bei diesen Angeboten um Pauschalreisen handelt, gilt für solche Pakete der umfassendere Rechtsschutz für Pauschalreisen nicht.

Mit dem Gesetz wird deshalb der Begriff »verbundene Reiseleistung« eingeführt: Reisebüros und Internetportale müssen ihre Kunden transparent darüber aufklären, dass es sich bei ihrer Buchung nicht um eine Pauschalreise handelt und sie sich bei Mängeln an den jeweiligen Anbieter wenden müssen.

Für die bevorstehende Urlaubssaison gelten die Änderungen noch nicht. Das Gesetz tritt erst im Sommer des kommenden Jahres in Kraft. Deutschland setzt damit die EU-Pauschalreiserichtlinie in nationales Recht um.

Warum gibt es überhaupt eine Änderung?

Durch die Richtlinie sollen die Spielregeln innerhalb der EU weitgehend vereinheitlicht werden. Ein weiterer Grund ist das geänderte Buchungsverhalten der Urlauber. Viele Sonnenhungrige stellen sich einzelne Teile ihres Trips mit Flug, Unterkunft oder Mietauto im Internet inzwischen selbst zusammen, anstatt wie in der Vergangenheit komplett bei einem Veranstalter zu buchen. Buchungen im Netz waren bisher rechtlich nur teilweise erfasst. Das wird nun geändert.

Was bedeutet das für Verbraucher?

Der Begriff der Pauschalreise wird erweitert, so dass die meisten Reisebestandteile wie Flüge, Hotelangebote oder Mietwagen eingeschlossen sind. Standard-Informationsblätter sollen für mehr Transparenz und Vergleichbarkeit sorgen. Mängel können innerhalb von zwei Jahren geltend gemacht werden statt wie bisher innerhalb eines Monats. Urlauber sollten allerdings nicht zu lange warten. Je länger man wartet, desto schwieriger wird es, vor Gericht den Beweis des Mangels zu führen.

Was ist mit Ferienhäusern und Tagesreisen?

Der ursprünglich geplante Schutz für Urlaub in Ferienhäusern entfällt. Geht der Ferienhausanbieter pleite, ist die meist recht hohe Anzahlung weg. Im Falle eines Reisemangels wird der Gast auch keinen Schadenersatzanspruch wegen entgangener Urlaubsfreude haben. Auch bei Tagesreisen gebe es gravierende Änderungen zum Nachteil der Verbraucher. So fallen künftig etwa 95 Prozent dieser Trips aus dem bewährten Reiserechtsschutz heraus. Ausnahmen sind Tagesreisen ab einem Wert von 500 Euro. Der normale Tagesreisende ist in Zukunft weder vor der Insolvenz des Reiseanbieters geschützt noch wird er ein Recht auf Notfallbetreuung haben. Die EU-Richtlinie lässt in beiden Fällen höhere Standards zu, doch der deutsche Gesetzgeber hat sich für starke Einschnitte in den Verbraucherschutz entschieden.

Wie sieht es mit Preiserhöhungen aus?

Bis zu 20 Tage vor Reiseantritt sollen Preisaufschläge von bis zu acht Prozent als zumutbar gelten. Bisher waren es fünf Prozent. Die Erhöhung muss sich allerdings unmittelbar aus gestiegenen Treibstoffkosten, Abgaben oder aus Wechselkurseffekten ergeben. Bei Erhöhungsklauseln im Vertrag dürfen Kunden im Gegenzug Preissenkung fordern, wenn diese Posten billiger werden, was die Urlauber nachweisen müssen.

Was bedeuten die Änderungen für die Reiseprofis?

Der Branchenverband DRV kritisiert den zusätzlichen Aufwand. Durch die neuen Rechtsvorschriften werde sich die Komplexität im Reisevertrieb in allen Vertriebskanälen ohne Not weiter erhöhen. Dennoch ist die Branche erleichtert. Zunächst hatten Reisebüros befürchtet, künftig wie ein Pauschalreiseveranstalter haften zu müssen, wenn sie Urlaubern Einzelbausteine wie Flug und Hotel im Paket vermitteln. Um das zu vermeiden, hätte der Kunde jedes einzelne Element getrennt bezahlen müssen. Dagegen machte der DRV erfolgreich mobil. Bei getrennten Leistungen auf getrennten Rechnungen reicht es nun, nur einmal zu bezahlen.

Wie geht es jetzt weiter?

Der Bundesrat muss das Gesetz noch beschließen. Verbraucherschützer hoffen, dass sich die Ländervertreter dafür einsetzen, dass Tagesreisen und Ferienhäuser weiter unter das Reiserecht fallen. Agenturen/nd

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