Meister des bissigen Humors

Von Abenteurern, Goldgräbern und der Kunst, aus Worten eine Welt zu formen

  • Lesedauer: 3 Min.

Er wurde als fünftes Kind eines studierten Juristen geboren und lebte mit seiner Familie in eher bescheidenen Verhältnissen. Als er elf Jahre alt war, starb sein Vater. Er brach daraufhin die Schule ab und begann eine Lehre als Schriftsetzer. Nebenher schrieb er für die Zeitung seines Bruders kurze Artikel und mit 17 seine erste größere Geschichte, die er unter einem Pseudonym veröffentlichte.

Nach längerer Wanderschaft ließ er sich zum Lotsen ausbilden und war als solcher viereinhalb Jahre auf einem Flussdampfer tätig. Während dieser Zeit lernte er eine Unmenge verrückter Typen kennen und erlebte so manches Abenteuer. Als in seiner Heimat der Krieg ausbrach, wurde er plötzlich vom Patriotismus erfasst und meldete sich beim Militär. Doch nach zwei Wochen schon quittierte er den Dienst: »Es ist eine undenkbare Vorstellung, Fremde zu töten, denen man unter anderen Umständen helfen würde.« Schließlich versuchte er sich als Goldgräber, verlor aber rasch die Lust an der beschwerlichen und wenig ertragreichen Arbeit. Lieber berichtete er für eine Zeitung über das Leben in den Saloons der Goldgräberstadt. Anschließend unternahm er eine mehrmonatige Schiffsreise, die ihn nach Europa und in den Nahen Osten führte. Dass er in seinem Reisebericht die Sitten und Bräuche der Europäer mit bissigem Humor kommentierte, bescherte ihm in seiner Heimat viele Sympathien.

Nach seiner Rückkehr lernte er eine Frau kennen, die ihm so gut gefiel, dass er sie sofort heiraten wollte. Doch sie lehnte seinen Antrag mehrmals ab. Damit nicht genug ließ ihr Vater, ein schwerreicher Minenbesitzer, den Bewerber von einem Privatdetektiv überwachen, der viel Unerfreuliches über den von uns Gesuchten zu berichten wusste. Am Ende jedoch durfte er seine Angebetete heiraten. Zuvor hatte er hoch und heilig versprechen müssen, seinen Lebenswandel von Grund auf zu ändern.

Mit Frau und Kindern bezog er dank der Unterstützung seines Schwiegervaters eine edle Villa. Dort begann er unter anderem aufzuschreiben, was er in seiner Jugend und während seiner Tätigkeit auf einem Dampfer so alles erlebt hatte. Auf diese Weise entstanden mehrere Romane, die ihn weltberühmt und wohlhabend machten. Doch er steckte sein Geld in falsche Geschäfte und sah sich zuletzt mit einem riesigen Schuldenberg konfrontiert. Um diesen abzutragen, brach er erneut nach Europa auf und absolvierte dort eine Vortragstournee. Anfangs lebte er für einige Monate in Berlin und wurde sogar von Kaiser Wilhelm II. empfangen. Die sich stürmisch entwickelnde deutsche Hauptstadt beeindruckte ihn so sehr, dass er später zwei seiner Töchter zum Studium dorthin schickte. »Sie lehren hier alles«, schwärmte er. »Ich glaube, es gibt nichts auf der ganzen Welt, was du in Berlin nicht lernen kannst, außer der deutschen Sprache.« Er selbst habe diese leidvolle Erfahrung machen müssen. »Einmal wurde ich einen Satz von 47 Wörtern los und hatte bloß 63 Grammatikfehler drin.«

Wie sein Geschäfts- geriet auch sein Privatleben zunehmend aus den Fugen. Drei seiner vier Kinder starben, dann entschlief auch seine Frau. In seinen späteren Werken verarbeitete er diese Schicksalsschläge bisweilen mit Ironie und Sarkasmus, in seiner Autobiografie indes mit großer Würde. Im Alter wurde er nicht müde, die menschenfeindliche Politik der Herrschenden in seinem Land anzuprangern. Er war darüber so empört, dass er einmal erklärte: »Wir nehmen einfach unsere Flagge, übermalen die weißen Streifen schwarz und ersetzen die Sterne durch Totenköpfe mit gekreuzten Knochen.« Im Jahr vor seinem 75. Geburtstag ging es ihm so schlecht, dass eine Zeitung schrieb, der berühmte Autor werde wohl bald sterben. Doch noch einmal ließ er seinen unverwechselbaren Humor aufblitzen und entgegnete: »So etwas würde ich nie im Leben tun.« Wer war's?

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