Ölreichtum, Benzinarmut

In Angola lassen russische Investoren eine neue Raffinerie bauen

  • Bernd Schröder
  • Lesedauer: 3 Min.

In der Provinz Namibe im Südwesten Angolas wurde dieser Tage der Grundstein zu einer neuen Ölraffinerie gelegt. Sie soll im Rahmen eines Elf-Milliarden-Euro-Projekts in Giraul de Baixo entstehen, ganz in der Nähe des ehemaligen Moçâmedes - die Provinzhauptstadt heißt seit 1985 Namibe. Inbegriffen ist außerdem der Ausbau der Infrastruktur. Die Investoren sind zwei russische Unternehmen: Rail Standard Service und Fortland Consulting Company.

Angolas Präsident Eduardo dos Santos hatte im März 2017 grünes Licht für das Projekt gegeben. Die Raffinerie soll nach elf Jahren ihre volle Kapazität von täglich 400 000 Barrel Öl erreicht haben - ein Viertel der angolanischen Rohölförderung. Die geplante Produktpalette reicht von Benzin über Diesel bis zu Bitumen.

Allein bei dem Raffinerieprojekt sollen 3000 Arbeitsplätze entstehen, drei Viertel für einheimische Kräfte. Den Russen wurde für die nächsten acht Jahre eine weitgehende Steuerfreiheit zugesichert, nebst problemloser Repatriierung anfallender Dividenden.

Die Investition erfolgt zu einer Zeit, in der die staatliche Ölgesellschaft Sonangol den Bau einer anderen geplanten Raffinerie in Lobito in der Provinz Benguela mit einer Verarbeitungskapazität von 200 000 Barrel Rohöl pro Tag storniert hatte und die Regierung den Plan einer Raffinerie in der Hafenstadt Soyo an der Kongo-Mündung neu sondiert. Die stark gefallenen Ölpreise haben zu einem Einnahmeausfall in Milliardenhöhe geführt, der den Aktionsradius von Sonangol stark einschränkt.

Angola ist mit 1,7 Millionen Barrel täglich der größte Ölförderer Afrikas. Doch mangels Verarbeitungskapazität muss das Land monatlich für rund 160 Millionen Euro Treibstoffe einführen. Nun fehlt es zunehmend an Devisen, Sonangol liegt mit Zahlungen im Rückstand. Die zur Zeit einzige Raffinerie des Landes in Luanda kann nur 20 Prozent der Binnennachfrage an Treibstoffen befriedigen. Zudem arbeitet die Mitte der 1950er Jahre gebaute Anlage zu Preisen, die über denen der Importe liegen, wie eine Studie des Internationalen Währungsfonds ergeben hat.

Seit April 2015 gibt es in Angola keine staatlichen Subventionen für Benzin mehr, und im Januar 2016 schließlich wurde auch Diesel der Preisbildung durch den freien Markt überlassen - eine Reaktion der Regierung auf die weltweite Konjunkturlage.

Das neue Raffinerieprojekt beinhaltet neben der Aussicht auf eine eigene moderne Treibstoffproduktion den Aufbau der notwendigen Infrastruktur: Ein Wohngebiet für die Raffinerie-Arbeiter soll entstehen, ebenso Verlade-Kais und ein Kraftwerk. Ebenfalls geplant ist eine Verbindung der historischen Eisenbahnstrecken von Namibe und Benguela. Beide führen in Ost-West-Richtung zum Atlantik. Sie waren im Bürgerkrieg größtenteils zerstört worden oder verfielen später. Erst ab dem Millennium wurde mit chinesischer Unterstützung begonnen, die Trassen zu erneuern. Dazu mussten auch ganze Landstriche von Minen beräumt werden.

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