Auszug aus dem Glaspalast
Nordrhein-Westfalens CDU-Ministerpräsident Laschet verlegt die Staatskanzlei wieder in das Landeshaus am Rhein
Neue Regierung, neue Kommandozentrale: Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) zieht mit der Staatskanzlei um. Wie Regierungssprecher Christian Wiermer auf dpa-Anfrage bestätigte, verlässt Laschet mit seinem kompletten Arbeitsstab das preisgekrönte gläserne »Stadttor« und zieht schon in den Herbstferien wieder in die frühere Staatskanzlei.
Die SPD-Opposition verlangt Aufklärung über die Kosten. »Eines kann jedenfalls nicht sein: Dass hier eine reine Show-Veranstaltung geplant wird, für die der Steuerzahler die Rechnung begleicht«, warnte Landtagsfraktionschef Norbert Römer in einer Mitteilung.
Laschets neuer Amtssitz ist gleichzeitig sein alter: Die Staatskanzlei zieht in das sogenannte Landeshaus am Rheinufer. In der 70-jährigen Geschichte Nordrhein-Westfalens war es fast 40 Jahre lang (1961 bis 1999) Sitz der Staatskanzlei. In der Regierungszeit von Jürgen Rüttgers (CDU) - also 2005 bis 2010 - war hier Laschets Integrationsministerium untergebracht. Zuletzt war das Haus Sitz des Gesundheitsministeriums von Barbara Steffens (Grüne).
»Laschet wird die Frage beantworten müssen, ob hinter dieser Aktion ausschließlich seine nostalgische Sehnsucht nach seinem alten Ministerbüro steckt, oder ob er damit auch so etwas wie ein Konzept verbindet«, forderte Römer.
Laschet sagte dem »Kölner Stadt-Anzeiger«: »Der neue Amtssitz des Ministerpräsidenten ist zugleich bürgernah und repräsentativ. Dort kann das Land auch internationale Gäste angemessen empfangen.«
Das gilt für den gläsernen Öko-Turm nicht uneingeschränkt. Als der damalige Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD) 1998 direkt nach seiner Wahl den Umzug ins »Stadttor« ankündigte, war die schicke Immobilie zwar das modernste Bürogebäude Europas - allerdings auch technisch-funktional und spröde wie ein Bürohaus. Die britische Königin Elisabeth wurde bei ihrem Staatsbesuch vor 13 Jahren lieber an andere Orte geführt.
Clements Vorgänger Johannes Rau (SPD), der von 1978 bis 1998 in der etwas plüschigen, aber traditionsreichen Gründerzeit-Villa Horion residierte - direkt neben dem künftigen Sitz der Staatskanzlei - hatte das kommen sehen. »Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen wohnt nicht zur Miete«, war seine Meinung zu dem Entschluss seines Parteikollegen Clement. In das »Stadttor« soll der spätere Bundespräsident nie einen Fuß gesetzt haben. Die Villa Horion wird heute vom Landtag genutzt.
Der Umzug in das 80 Meter hohe »Stadttor« hatte im Jahr 2004 sogar einen Untersuchungsausschuss des Düsseldorfer Landtags beschäftigt. Ministerpräsident Clement wies dort Vorwürfe zurück, er habe bei dem Umzug einen Freund begünstigt - eine Spekulation der Opposition, die unbewiesen blieb.
Auch die Steuerzahler stellten Fragen: Immerhin wurde die Jahresmiete für die sieben Etagen, die Clement damals für 310 Leute auf 12 350 Quadratmetern akzeptiert hatte, mit rund 3,4 Millionen Euro angegeben. Dagegen ist der vorherige und künftige Regierungssitz im Besitz des Landes.
Der Mietvertrag für das »Stadttor« läuft nach Angaben des Regierungssprechers erst Ende Januar 2029 aus. Die teuren Etagen bleiben aber nicht ungenutzt: Hier zieht künftig das Verkehrsministerium ein. Dessen bisheriges Gebäude beherbergt künftig die beiden Ministerien für Heimat- und Bauen sowie für Bundes- und Europa-Angelegenheiten. Der Tausch wird durch neue Zuschnitte der Ministerien im Vergleich zum Vorgängerkabinett erleichtert. dpa/nd
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