Biber zwischen Faszination und Plage

  • Jeanette Bederke
  • Lesedauer: 3 Min.

Seelow. Antje Reetz macht sich keine Illusionen. »Den Biber werden wir nicht mehr los, selbst wenn wir ihn ganzjährig bejagen dürften«, sagt die 33-Jährige, die sich seit Jahren mit dem umtriebigen Wasserbaumeister beschäftigt. Zunächst eher theoretisch während ihrer Diplomarbeit an der Eberswalder Hochschule für nachhaltige Entwicklung (HNE), seit acht Jahren ganz praktisch als Bibermanagerin beim Gewässer- und Deichverband Oderbruch (GEDO) in Seelow (Märkisch-Oderland).

Dass sich der Verband für den Umgang mit dem streng geschützten Nager eine eigene Personalstelle leistet, hat seinen Grund: Deutschlands größter eingedeichter Flusspolder bietet schätzungsweise 1600 Tieren eine Heimat. Mehr als ein Drittel der Brandenburger Biber leben laut Reetz im Oderbruch. Die Diplomingenieurin für Landschaftsnutzung und Naturschutz kennt jedes Revier, ist ständig unterwegs im 130 000 Hektar großen Verbandsgebiet, um von Bibern angerichtete Schäden zu beseitigen.

Seit zwei Jahren gilt die Biberverordnung. Problemtiere, die wiederholt Deiche zerwühlen oder Straßen unterhöhlen, können demnach notfalls auch getötet werden - allerdings nur zwischen dem 1. September und dem 15. März. »Wir als GEDO hatten in der Saison 2016/2017 Jäger in 29 Fällen damit beauftragt. 22 Biber wurden tatsächlich nur geschossen«, sagt Verbandsgeschäftsführer Martin Porath.

Die Zahlen zeigen aus seiner Sicht die große Verunsicherung der Jäger. Denn die dürfen laut Verordnung nur erwachsene Tiere erlegen, die keine Jungen mehr versorgen. Das aber sei auf den ersten Blick nicht erkennbar, erklärt Biberexpertin Reetz. »Eine Chance, die Tiere zu erwischen, haben Jäger nur in klaren Vollmondnächten. Die aber sind im Herbst und Winter naturgemäß rar.« Fünf Nächte pro Monat seien das höchstens, erzählt der Jäger Frank Kütbach aus Lebus (Märkisch-Oderland). Der Verband darf die Waidmänner Reetz zufolge nur mit dem Abschuss außerhalb von Naturschutzgebieten beauftragen. Innerhalb der Gebiete müsse jeder Einzelfall erst durch die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises geprüft werden. »Und das kann sechs Wochen dauern.« Immerhin 40 Prozent der GEDO-Flächen ständen unter Naturschutz, ergänzt Porath.

Eigentlich hätte die Brandenburger Biberverordnung nach seiner Kenntnis in diesem Sommer evaluiert werden sollen. »Es sollte überprüft werden, wie sie nach ersten Erfahrungen besser an die Praxis angepasst werden kann, denn Vieles sind bisher Auslegungsfragen.« Zudem ziele die Verordnung auf eine Gefahrenabwehr. »Wir aber brauchen eine Biberbestandsregulierung. Alles andere löst die Probleme nicht«, betont der Verbandschef. »Die Evaluierung läuft bereits, das ist ein längerer Prozess«, sagt Ministeriumssprecher Hans-Joachim Wersin-Sielaff auf Anfrage. Die Wirksamkeit aller in der Verordnung festgelegten Maßnahmen würde derzeit überprüft. dpa/nd

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -