Komplott oder Bestechung?

Alexej Uljukajew

  • Nina Jeglinski
  • Lesedauer: 2 Min.

Noch sind in Russland Sommerferien, und so ist der Beginn des Prozesses gegen Ex-Wirtschaftsminister Alexej Uljukajew für die meisten eine Nebensache. Dabei hat der Fall Uljukajew alles, was einen Krimi ausmacht. Der Angeklagte: ein hochrangiger Politiker. Der Vorwurf: Bestechung. Das Motiv: Wirtschaftskriminalität.

Dem 61-jährigen Wirtschaftswissenschaftler wird vorgeworfen, er habe zwei Millionen Dollar vom Energiekonzern Rosneft verlangt, damit er der Übernahme eines anderen Unternehmens zustimmte. Bei der angeblichen Übergabe des Geldes im November 2016 war Uljukajew festgenommen worden.

Der Ex-Minister nannte die Anschuldigungen am Mittwoch »absurd«. Die Anklage stütze sich ausschließlich auf Behauptungen von Rosneft-Chef Igor Setschin. Er sei in der fraglichen Nacht nur zur Rosneft-Zentrale gekommen, weil Setschin ihn »persönlich« darum gebeten habe. Der Fall ist in der neueren Geschichte Russlands ein einmaliger Vorgang und wirft bei Beobachtern Fragen auf. Bestechung sei zwar nicht auszuschließen, doch die Art der Geldübergabe, bar und persönlich, passe eher in die 90er Jahre.

Der Angeklagte, der unter Hausarrest steht und seit seiner Festnahme 14 Kilogramm abgenommen haben soll, sieht sich als Opfer, weil er sich stets für die Stärkung der privatwirtschaftlichen Linie Russlands eingesetzt habe. Tatsächlich war er ab 1992 Berater von wirtschaftsliberalen Politikern wie Anatoli Tschubais und Jegor Gaidar in der Zeit von Präsident Boris Jelzin.

In der Ära von Wladimir Putin machte der Moskauer weiter Karriere und war von 2000 bis zu seiner Verhaftung Vizefinanzminister, Vize-Zentralbankchef und eben Wirtschaftsminister. Uljukajew, der fließend Englisch und Französisch spricht, gehört politisch dem Lager von Ministerpräsident Dmitri Medwedjew an. Nachdem es am Mittwoch im Gerichtssaal zu heftigen Wortwechseln zwischen Anklage und Verteidigung kam, wurde der Prozess auf den 1. September vertagt.

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