In der CDU gilt: Rache ist Blutwurst

Landtagsfraktionschef Lunacek im Amt bestätigt / Anhänger von Petke verloren ihre Posten

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Anhänger des CDU-Landesvorsitzenden Ulrich Junghanns schlugen gestern zurück. Bei der Wahl der Landtagsfraktionsspitze fiel nahezu das gesamte Lager von Landesparteivize Sven Petke durch. Petke warf Junghanns vor, diesen Ausgang inszeniert zu haben. Als hätte jemand subtil das Sinnbild dafür gesucht, wurden bei der gestrigen Fraktionswahl Teller mit Schnittchen gereicht - dick mit Blutwurst beschmiert. Rache ist Blutwurst. Und als Rache kann gelten, was sich innerhalb der folgenden drei Stunden abspielte. Der innerparteiliche Gegenspieler des Landesvorsitzenden, der Abgeordnete Sven Petke, musste erleben, wie nahezu seine gesamte Schar von den Fleischtöpfen vertrieben wurde. Die Parlamentarische Geschäftsführerin Saskia Funck wurde zur einfachen Abgeordneten zurückgestuft und musste sich mit dem Trostpreis der finanzpolitischen Sprecherin abfinden. Die bisherige Vize-Fraktionschefin Barbara Richstein flog ebenfalls aus dem Vorstand. Entgegen ursprünglicher Absprachen wurde der Abgeordnete Ingo Senftleben nicht Leiter des Arbeitskreises Bildung, Jugend, Soziales. Wie zum Hohn blieb Petke selbst Chef des Arbeitskreises Inneres und Recht und das auch noch mit dem besten Wahlergebnis - 16 von 20 möglichen Stimmen. Bei den Fraktionswahlen im Landtag geht es nicht nur um Positionen, sondern auch um viel Geld. Parlamentarische Geschäftsführer erhalten einen Zuschlag von 2828 Euro, stellvertretende Fraktionschefs bekommen 1523 Euro Zulage und Arbeitskreisleiter immerhin noch 783 Euro extra. »Das ist ein erbärmliches Ergebnis. Das ist das Ergebnis von Junghanns und es schwächt die CDU«, schimpfte Petke, der sich nach der turnusmäßig zur Halbzeit der Legislaturperiode durchgeführten Abstimmung nicht mehr zügeln konnte. Fraktionschef Thomas Lunacek blieb mit nur 12 zu 8 Stimmen im Amt. Seine Position ist durch das magere Ergebnis geschwächt. Dafür kam die von ihm favorisierte Krankenschwester Roswitha Schier als neue Parlamentarische Geschäftsführerin durch. Neu in den Vorstand gewählt wurde außerdem - wenn auch mit denkbar knappem Ergebnis von nur 10 Ja-Stimmen - der Potsdamer Kreisvorsitzende Wieland Niekisch. Zu allem Überfluss kam es bei der Stellvertreter-Wahl zu Unstimmigkeiten, weil fünf Abgeordnete den Wahlmodus nicht verstanden und ihre Wahlzettel daher unabsichtlich ungültig gemacht hatten. Der als führungsschwach geltende Lunacek hoffte im Anschluss: »Die Fraktion war immer ein Hort der Stabilität, und ich gehe davon aus, dass dies so bleibt.« Petke konterte: »Partei und Fraktion sind tief gespalten.« Er unterstrich das damit, dass er nach der Pressekonferenz von Lunacek zu einer zweiten Presserunde rief. Dort gab er dem Landesvorsitzenden Junghanns die Schuld am Wahlergebnis und warf ihm Führungsschwäche und mehrfach völliges Versagen vor. Angesprochen auf sein eigenes, sehr gutes Ergebnis bei der Fraktionswahl winkte Petke ab: »Das war doch bloß Teil einer Absprache.« »Der Weg zur Geschlossenheit ist weit und schwierig«, kommentierte Junghanns knapp. »Heut ist ein wunderschöner Tag«, frohlockte Ex-Landeschef und Innenminister Jörg Schönbohm nach dem Verlassen des Fraktionszimmers - kurz angebunden wie die meisten Abgeordneten. Er hatte in den letzten Wochen aus seiner Abneigung gegen seinen einstigen Ziehsohn Petke keinen Hehl gemacht. Ein machtpolitisches Patt und eine verdächtige Ruhe prägten die vergangenen Wochen. Im Januar wählte ein Landesparteitag zwar Junghanns zum Nachfolger Schönbohms. Gegenspieler Petke hatte aber nur zwei Stimmen Rückstand und vermochte es, den Landesvorstand nahezu komplett mit seinen Leuten zu besetzen. In der Fraktion aber waren Petkes Leute immer in der Minderheit. Die Vorschau auf den nächsten Akt des Dramas fällt leicht. Auf dem Parteitag verhinderte Petke den von Junghanns gewünschten Generalsekretär. Seither muss Junghanns ohne eine solche Stütze agieren. »Ich erwarte, dass Ulrich Junghanns endlich einen Kandidaten benennt«, sagte Petke gestern lauernd.
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