Der Nachlass des Bildhauers Gustav Seitz

In der Bildungsstätte Schloss Trebnitz sollen Werke des Künstlers auch Anschauungsmaterial für Jugendliche sein

  • Jeanette Bederke
  • Lesedauer: 3 Min.

Sein Käthe-Kollwitz-Denkmal auf dem gleichnamigen Platz in Berlin-Prenzlauer Berg ist wohl das bekannteste Werk des Bildhauers Gustav Seitz. Eine kleinere Version der Bronzefigur, ein Gipsmodell und eine überdimensionale Kopfstudie von Kollwitz stehen jetzt in Trebnitz (Märkisch-Oderland). Auf dem Gelände des Bildungs- und Begegnungszentrums Schloss Trebnitz hat Brandenburg ein neues Museum bekommen, das am 11. September offiziell eröffnet wird.

Im einstigen Wasch- und Schlachthaus des Schlossensembles, einem für 600 000 Euro sanierten Ziegelgebäude, findet sich der komplette Nachlass von Seitz, der 1969 in Hamburg starb: etwa 150 Skulpturen, mehr als 4000 Zeichnungen und Grafiken, eine umfangreiche Bibliothek sowie Mobiliar. Seine Witwe hatte Wohn- und Atelierhaus samt Inventar einst einer Stiftung von zwei Kunsthistorikern vermacht. »Inzwischen ist das Gebäude marode. Die beiden betagten Herren hofften zunächst, Seitz' Erbe im Berliner Kolbe-Haus oder im Barlach-Haus in Wismar unterzubringen. Doch da wären seine Werke nur im Depot gelandet«, erzählt Dariusz Müller, Leiter des Begegnungszentrums in Trebnitz.

Zum Konzept seiner Einrichtung gehört es, sämtliche Gebäude des Schlossensemble einer neuen Nutzung zuzuführen. Die frühere Remise ist heute Dorfladen und Treffpunkt für den Gemeinderat, die alte Schmiede wird für Seminare und Familienfeiern verwendet. »Wir sind eine deutsch-polnische Bildungsstätte für Kinder und Jugendliche. Dazu gehört auch Kulturpädagogik«, sagt Müller und glaubt, dass dies auch im Sinne des Bildhauers sei. »Seitz, in den 1950er Jahren Professor an der Akademie der Künste, waren seine Studenten immer wichtig«, sagt er. Angedacht sind Bildhauer-Workshops, bei denen Jugendliche Skulpturen aus Lehm schaffen oder lernen, wie eine Bronzeskulptur entsteht - von der Zeichnung über das Gipsmodell bis hin zum Guss.

Seitz war bekannt für seine realistischen Plastiken, die nunmehr als Anschauungsobjekte für Nachwuchskünstler dienen könnten, sagt er. Doch auch politische Bildung sei anhand der Biografie des Bildhauers möglich. »Sein Leben ist ein Beispiel für den Kalten Krieg zwischen beiden deutschen Staaten noch vor dem Mauerbau. Argwohn begleitete Seitz in Ost und West«, sagt Müller.

Als Seitz den Nationalpreis der DDR 1949 entgegennahm und Mitglied der Akademie der Künste zu Ostberlin wurde, suspendierte man ihn von der Lehrtätigkeit an der Hochschule für bildende Künste in Berlin-Charlottenburg und erteilte ihm Hausverbot. 1953 scheiterte eine Lehrtätigkeit an der Werkakademie Kassel, weil sich der Künstler weigerte, die DDR und seine Meisterschüler dort zu verlassen. Und als sein Käthe-Kollwitz-Denkmal 1960 in Prenzlauer Berg aufgestellt wurde, lebte er bereits zwei Jahre in Hamburg, kehrte nie mehr in den Osten zurück.

Doch Seitz war eng mit dem Dichter Bertolt Brecht befreundet, der seinen Sommersitz im nur etwa 40 Kilometer von Trebnitz entfernten Buckow hatte. In Seitz' Nachlass finden sich mehrere Porträt-Köpfe, die er von dem Dichter gemacht hat. »Für Februar bereiten wir eine Brecht-Ausstellung vor, wollen dafür eng mit dem Brecht-Weigel-Haus in Buckow zusammenarbeiten«, sagt Dariusz Müller.

Auf noch mehr Kulturtouristen freut sich Ellen Russig, Geschäftsführerin des Tourismusverbandes Seenland Oder-Spree. »Ostbrandenburg erhält einen weiteren sehr hochwertigen kulturellen Reiseanlass. Das gesamte Schlossareal wird dadurch aufgewertet«, sagt sie. dpa

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