Kommunikation für mehr Vertrauen

Informationen über Lebensmittelskandale in Europa sollen besser verfügbar werden

  • Grit Gernhardt
  • Lesedauer: 3 Min.

Fast vier Monate nach Bekanntwerden des Fipronil-Skandals debattieren die EU-Staaten weiter über Maßnahmen, um ähnliche Lebensmittelskandale künftig zu vermeiden. In Brüssel trafen sich am Dienstag auf Einladung des zuständigen EU-Kommissars Vytenis AndriukaitisVertreter der 28 Mitgliedsländer mit der Europäische Kommission. Lebensmittelskandal zerstörten das Vertrauen der Verbraucher, sagte Andriukaitis auf einer Pressekonferenz am Dienstag.

Deshalb wolle man die Kommunikation in Krisenfällen verbessern. Dazu müsse ein funktionierendes System geschaffen werden, dass schnell und effektiv alle Betroffenen erreichen könne. So könnte es in jedem Mitgliedsstaat einen Lebensmittelkontrolleur - den sogenannten »Chief Food Safety Officer« - geben, der Warnungen schnell weitergeben und als Kontaktperson zwischen den Mitgliedsländern dienen könne. Auch müssten die Behörden vor Ort besser geschult werden, so der EU-Kommissar. Erste Entscheidungen werden erst auf dem Treffen der EU-Agrarminister am 9. und 10. Oktober erwartet.

Von Sanktionen gegen einzelne Staaten hält Andriukaitis dagegen nichts. Der Giftstoff Fipronil war zuerst in Hühnerställen und bei Eierproduzenten in Belgien entdeckt worden, doch bis zur Warnung an weitere Länder vergingen einige Wochen. Dennoch dürfe es nicht um Bestrafungen gehen, die Zusammenarbeit sei gut, alle Länder an eine Aufklärung interessiert, antwortete der Kommissar auf eine Journalistenfrage. Wichtig sei es nun, aus dem Fall die Lehren für eine verbesserte EU-Zusammenarbeit zu ziehen.

Bereits im Vorfeld hatten sich Vertreter der zuständigen Behörden aus Belgien, Frankreich, den Niederlanden und Österreich auf Einladung von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) in Berlin getroffen, um Vorschläge zur Verbesserung des Informationsflusses und der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedsstaaten und mit den Kommissionsdienststellen zu erarbeiten.

In Belgien waren erstmals Anfang Juni überhöhte Fipronil-Werte in einer Ei-Probe entdeckt worden. Eine niederländische Firma hatte die Ställe von Legehennen mit einem Mittel gereinigt, dem das für lebensmittelverarbeitende Betriebe verbotene Insektizid illegalerweise beigemischt war. Niederländische Behörden sollen bereits im vergangenen Jahr Kenntnis von den Vorgängen gehabt haben, die EU-Kommission wurde allerdings erst am 20. Juli informiert. Die belgischen Behörden wussten bereits zwei Wochen früher davon. In der Folge mussten auch in Deutschland Millionen Eier vom Markt genommen und mehrere Legehennenbetriebe gesperrt werden. Insgesamt wurde das Insektizid mindestens in 45 Ländern in Eiern nachgewiesen, darunter in 26 EU-Staaten. Millionen Hühner wurden getötet, tonnenweise Eier vernichtet.

Verbraucherschützer und Umweltverbände hatten die Informationspolitik kritisiert. Auch seien die Regelungen in jedem EU-Land unterschiedlich. So nutzten die belgischen Behörden für eine Anfrage an die Niederlande am 6. Juli das System für Amtshilfe und Zusammenarbeit. Durch dieses werden die anderen EU-Staaten nicht automatisch informiert wie durch das europäische Schnellwarnsystem RASFF.

Auch hatten die Länder unterschiedliche Konsequenzen gezogen: So hatte Frankreich Produkte mit verarbeiteten Eiern aus den Läden genommen, in Deutschland dagegen konnten die Kunden nur schwer herausfinden, in welchen Waren verseuchte Eier enthalten sein könnten.

Das Insektizid kann in größeren Mengen Kopfschmerzen und Übelkeit verursachen, besonders für Kinder und vorerkrankte Personen kann bereits bei kleineren Mengen Gesundheitsgefahr bestehen.

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