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Utopischer Überschuss

Tom Strohschneider über Rechtsblinkerei und linken Kurs

  • Tom Strohschneider
  • Lesedauer: 2 Min.

Nach der Bundestagswahl ist das Selbstbekenntnis populär geworden, zu den 87 Prozent zu gehören, die nicht AfD gewählt haben. Die Botschaft: Der Rechtsruck ist zwar schlimm, aber eine deutliche Mehrheit hat ihn nicht mitgemacht. Die politische Schlussfolgerung daraus müsste eigentlich lauten, sich weniger der medial aufgeblasenen Angstrhetorik von der »Flüchtlingskrise« zu widmen, sondern den Sorgen jener Menschen, die nicht zur Minderheit »besorgter Bürger« gehören.

An den Spitzen der meisten Parteien ist stattdessen ein Wettbewerb im Rechtsblinken ausgebrochen, der einem Angst und Bange machen muss. Schließlich war schon die Bundestagswahl ein erneuter Beleg dafür, dass solcherlei Versuche der Nachahmung am Ende vor allem einer Seite nützlich sind: dem rechtsradikalen Original. Und genau so wird sich auch die rhetorische Ranschmeiße à la »mehr Heimatpartei« (Grüne, SPD) oder »Deutschland muss Deutschland bleiben« (CDU) auswirken.

Statt den lärmenden Zug der Reaktion mitzumachen, sollte die gesellschaftliche Linke jetzt mutig und selbstbewusst in die Gegenrichtung laufen. International denkend, einem unbedingten Universalismus der Solidarität folgend, die Schmutzbrühe des Nationalen verlassend - das kann ein Angebot sein. Unrealistisch? Mag sein, dass sich nicht gleich 87 Prozent begeistern lassen. Eine Linke aber, die jetzt den utopischen Überschuss links liegen lässt, weil sie hofft, rechts ein paar Punkte zu machen, gibt sich auf.

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